[62] – Nicht jede Selbstzahler – Leistung macht wirtschaftlich Sinn!
Nicht jede Selbstzahler - Leistung macht wirtschaftlich Sinn!
Die Emotionen um Sinn und Unsinn von sog. IGeL-Leistungen können schnell hohe Wellen schlagen. Als Berater kann und werde ich mich an diesen Diskussionen nicht beteiligen – dazu fehlt mir als BWLer schlicht der medizinische Unterbau.
Als Patient vertrete ich die Meinung: Wer heilt hat Recht.
Wie errechne ich den wirtschaftlichen Effekt?
Als Berater fällt mir jedoch auf, wie selten diese Selbstzahler – Leistungen unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet werden. Nur weil eine Leistung zusätzliche Einnahmen generiert, macht diese noch lange keinen wirtschaftlichen Sinn.
Wenn Dich interessiert, welche IGeL-Leistungen auch wirtschaftlich Sinn machen, und wie Du das für jede Leistung selbst herausfinden kannst, dann solltest Du jetzt unbedingt weiterlesen!
Wieso sollte nun aber nicht jede zusätzliche Einnahme auch einen wirtschaftlichen Sinn machen?
Ganz einfach: Weil der zentrale Engpass bei jedem Arzt die Zeit ist. Am Ende hat jeder von uns nur 24 Stunden pro Tag und niemand möchte diese komplett durcharbeiten – ganz abgesehen von Wochenenden, Urlaub und Feiertagen. Die erste Frage, die Du Dir also stellen musst: Wieviel Stunden habe ich denn überhaupt pro Woche, die ich für Patientenbehandlung zur Verfügung stehe. Bei den meisten Praxisinhabern kommt da eine Zahl von 34 oder 35 Wochenstunden raus. Die meisten Kollegen kommen auf 6 Wochen Urlaub plus Feiertage, Brückentage und Fortbildungstage, insgesamt in der Regel so etwa 8 Wochen behandlungsfreie Zeit.
Das bedeutet im Umkehrschluss, Dir bleiben 44 Wochen, in denen Du Einnahmen generieren kannst. Falls es jetzt gerade bei Dir im Kopf rattert und Du denkst, die Rechnung, die kenn‘ ich doch schon – damit rechnet man doch den Honorarstundenumsatz aus, dann hast Du völlig Recht. Und genau darum geht es nämlich nun auch gleich.
Der Honorarstundenumsatz
Aber immer mit der Ruhe:
Solltest Du den „Unternehmen Arztpraxis“-Blog noch nicht so lange verfolgen und Du mit dem Begriff des Honorar-Stundenumsatzes noch nicht so viel anfangen können, dann kommt hier die Erklärung in Kurzform:
Die Messlatte für deine wirtschaftliche Effizienz als Arzt ist der Honorarstunden-umsatz. Diesen errechnest Du, indem Du Deinen persönlichen Jahresumsatz durch die Anzahl deiner aktiven Wochen und dann durch die Wochenstunden teilst, die Du mit der Behandlung Deiner Patienten beschäftigt bist.
Um das an einem konkreten Beispiel fest zu machen, lass uns das einfach mal durchrechnen:
Wenn Du einen Jahresumsatz von 480.000 € machst, errechnen wir Deinen Honorarstundenumsatz, indem wir die 480.000 € durch 44 Wochen und dann durch 35 Wochenstunden teilen. Das ergibt einen Umsatz von rund 312 € pro Stunde.
Selbstzahler - Leistungen und deren wirtschaftliche Chancen und Risiken
Wenn Du zusätzliche Leistungen anbietest, um Dein wirtschaftliches Ergebnis zu verbessern, solltest Du deren Auswirkungen auf deinen Honorarstundenumsatz genau analysieren.
Lass uns das wieder an verschiedenen praktischen Beispielen durchrechnen:
Ist beispielsweise eine Zusatzausbildung in Akkupunktur zielführend, die ja vom Zeitaufwand und den Kosten anspruchsvoll ausfällt? Wie sinnvoll eine solche Ausbildung medizinisch ist, musst Du ganz allein beurteilen.
Die Wirtschaftlichkeit errechnen wir jetzt mal gemeinsam:
Für die Akkupunkturbehandlung berechnen viele Praxen 35 €. Frage:
Wie lange benötigst Du pro Patienten (all in) für eine solche Behandlung? Wenn die Akkupunkturbehandlung einen wirtschaftlichen Vorteil für Deine Praxis bringen soll, muss sie ja zu einem erhöhten Honorarstundenumsatz führen.
In unserem Beispiel lag dieser bei 312 €. So würden 6 Minuten pro Patienten für eben diese Akkupunkturbehandlung zu einem Honorarstundenumsatz von wenigsten 350 € führen. Diese Zahl ist nicht korrekt, denn Du musst ja auch noch die Ausbildungskosten auf den Preis umlegen. Somit macht diese Leistung wirtschaftlich bei dem genannten Zeiteinsatz wenig Sinn.
Wenn Du jedoch diese Leistung aus medizinischer Sicht befürwortest, aber wirtschaftlich mit dem Ergebnis nicht zufrieden bist, spricht absolut nichts dagegen,
die Leistung im Preis anzupassen und z.B. 50 oder 60 € zu verlangen.
Du bist bei Selbstzahler – Leistungen bekanntlich völlig frei in der Preisgestaltung, da Du die Vervielfachten bei der GOÄ-Leistung nach Belieben anpassen kannst.
Der ein oder andere von Euch denkt jetzt wahrscheinlich: Aber wenn der Kollege in der Nachbarschaft 35 € dafür nimmt, dann kann ich doch nicht 60 € dafür nehmen.
Doch, das ist angemessen, im Übrigen wird keiner deine Patienten den Preis von Selbstzahler – Leistungen vergleichen.
Nächstes Beispiel: Die Stoßwelle.
Hier wird üblicherweise ein Preis von 90 € bei einer Behandlungszeit (all in) von 10 – 15 Minuten berechnet. Setzen wir den Mittelwert von 12,5 Minuten an, dann ergibt das einen Honorarstundenumsatz von 432 € – das hört sich jetzt doch schon ganz gut an.
Auch hier müsste korrekterweise noch die Abschreibung des Gerätes abgezogen werden, aber bei 432 € ist das am Ende sicherlich immer noch ein sehr einträgliches Ergebnis.
Drittes und letztes Beispiel: Das in vielen Fachrichtungen beliebte Hyaluron.
Bei Behandlungszeiten von 5 – 10 Minuten werden hier 90 € pro Spritze berechnet. Rechnen wir wieder mit dem Mittelwert von 7,5 Minuten, dann errechnen wir einen Honorarstundenumsatz von 720 €.
Ich glaube, das Prinzip ist deutlich geworden. Am Ende geht es immer um den Honorarstundenumsatz – und den solltest Du wirklich für jede der von Dir angebotenen Leistungen durchrechnen.
Wenn das Ergebnis am Ende nicht Deinen Vorstellungen entspricht, gilt es zu entscheiden, entweder den Preis anzupassen oder die Leistung aus dem Angebot zu streichen. Nur wenn Du das konsequent durchziehst, kommst Du mit Deiner Praxis wirtschaftlich weiter.
Beratungszeit am Patienten
Allerdings gilt es noch etwas ganz anderes bei der Berechnung der Wirtschaftlichkeit von Selbstzahler – Leistungen zu beachten: Nämlich die Zeit, die Du für die Beratung des Patienten benötigst, um dessen Zustimmung zu der von Dir vorgeschlagenen Selbstzahler – Leistung zu erhalten.
Da kommen schnell noch ein paar Minuten dazu. Und selbst wenn es nur 2 oder 3 Minuten sind, die führen ja nicht jedes Mal gleich zu einem „Ja“ des Patienten. Selbst wenn Du bei jedem zweiten Gespräch die Zustimmung des Patienten zu der von Dir vorgeschlagenen Leistung erhältst, solltest Du diese Zeit einpreisen.
Den Großteil dieser Beratungszeit kannst Du Dir allerdings sparen, wenn Du Deine Selbstzahler – Leistungen über ein seit Jahren erprobtes Konzept anbietest, dass wir bereits im Blog 08 unter dem Titel „Optimierung der medizinischen Versorgung durch IGeL-Leistungen“ besprochen haben.
Delegierbare Leistungen
Last but not least müssen wir unbedingt noch den Bereich der „Delegierbaren Leistungen“ ansprechen, wenn wir über Optimierung des Honorarstundensatzes mit Hilfe von Selbstzahler – Leistungen reden.
Delegierbare Leistungen, also Themen wie EMG-Muskelfunktionsmessung, 4D-Bodymapping oder die gute alte Knochendichtemessung sind besonders effektiv bei der Optimierung des Honorarstundenumsatzes.
Solltest Du Dich jetzt gerade fragen, welche Selbstzahler-Angebote in Deiner Fachrichtung in Frage kommen, empfehle ich Dir im November in Düsseldorf die Medica zu besuchen. Solche Messen sind immer eine gute Inspiration für derartige Fragestellungen.
Auch wir werden am 12. und 13. November dort sein – wenn Du Lust hast, können wir uns gerne abends zu einem gemeinsamen Abendessen und spannenden Gedankenaustausch treffen. Schicke mir einfach eine Mail, wenn Du Lust dazu hast, und ich reserviere Dir einen Platz an unserem Tisch.
Noch eine Messe gilt es in diesem Zusammenhang zu erwähnen, und zwar die DMEA im April nächsten Jahres in Berlin. Sie ist als Europas führendes Event für Digital Health meines Erachtens eine Pflichtveranstaltung.
Selbstverständlich sind wir da auch wieder vertreten und veranstalten am 08. und 09. April jeweils abends unser Roundtable – Dinner. Bitte auch hier einfach eine kurze Mail schicken und ich reserviere Dir einen Platz an unserem Tisch.
Wenn Du noch Fragen zu den angesprochenen Themen hast oder Dir Unterstützung bei der Umsetzung wünschst, ruf mich einfach an oder schick mir eine E-Mail an w.apel@medikom.org. Wir können dann einen Termin für ein unverbindliches und selbstverständlich kostenloses Erstgespräch vereinbaren und dabei besprechen, wie wir dich am besten unterstützen können.