18. Juli 2022
[17] Qualitätsmanagement: 5 Punkte, die jeder Praxis Zeit, Geld & Nerven sparen
Qualitätsmanagement:
5 Punkte, die jeder Praxis Zeit, Geld & Nerven sparen
Qualitätsmanagement ruft bei den meisten Ärzten keine große Begeisterung hervor und wird meist nur als lästige Pflicht empfunden.
Natürlich steht irgendwo in der Praxis ein dicker Ordner mit der Aufschrift „QM“ aber genutzt wird er nur selten. Aus Sicht vieler Praxisinhaber ist QM eine bürokratische Pflicht, die einfach nur viel Zeit kostet und alle von dem abhält, worum es sich eigentlich geht: Nämlich, sich um Patienten zu kümmern. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es verpflichtend eingehalten werden muss.
Viel interessanter ist aber: Wenn Sie sich erst einmal mit dem Qualitätsmanagement beschäftigen, dann erweisen sich diverse Punkte als wirklich hilfreich und erleichtern Ihnen die Arbeit in Ihrer Praxis immens! In diesem Beitrag geht es genau um diese Punkte, die jeder Praxis Zeit, Geld und Nerven sparen.
1. Klare Dokumentation
Der erste wichtige Punkt ist der Bereich „Dokumentation“. Natürlich ist es wichtig, die Behandlung und Beratung der Patienten genau zu dokumentieren. Mit Sicherheit sorgen auch alle Ärzte dafür; dass das passiert, denn schlussendlich basiert ja die Abrechnung darauf. Problematisch ist jedoch, dass diese Dokumentation sehr individuell abläuft und jeder das aufschreibt, was er für wichtig hält.
Etwas wirklich zu dokumentieren, bedeutet aber, alles, was besprochen und im Rahmen der Behandlung durchgeführt wurde, schriftlich festzuhalten.
Für Ihr Unternehmen Arztpraxis ist nämlich nicht nur die bestmögliche Behandlung Ihrer Patienten wichtig, sondern auch die von Ihnen erbrachte Leistung vollumfänglich abrechnen zu können.
Beispiel: Erhöhung der Abrechnungssumme um rund 10%
Bei einer der Praxen, mit der wir zusammenarbeiten, zeigte sich in der Abrechnung, dass es Optimierungsbedarf bei der Dokumentation gab. Über mehrere Wochen sprachen wir bei jedem Meeting das Thema Dokumentation an. Die Abrechnungsdame benannte konkrete Beispielfälle der Vorwoche, und zeigte die konkreten Dokumentationsmängel auf.
Wir konnten die Dokumentation signifikant optimieren, indem wir die Prozessketten schriftlich zusammengestellt und den Mitarbeitern an die Hand gegeben haben. So hatten sie etwas, woran sie sich bei der Arbeit orientieren können, und es kann nichts mehr vergessen werden – was zuvor ja leider immer wieder passierte.
Nach kurzer Zeit haben wir es dort geschafft, die Dokumentation so zu verbessern, dass dadurch die Abrechnungssumme um rund 10% erhöht werden konnte – einzig und allein durch Maßnahmen aus dem Qualitätsmanagement.
Beispiel: Regresse und Streitigkeiten vermeiden
Stellen Sie sich einmal vor, Sie behandeln einen Privatpatienten. Er möchte vorab von Ihnen wissen, ob seine Versicherung diese Behandlung übernehmen wird. Darauf eine verbindliche Antwort zu geben ist eigentlich völlig unmöglich, da die Versicherungsleistungen von Gesellschaft zu Gesellschaft und von Tarif zu Tarif variieren. Darauf weisen Sie den Patienten vor der Behandlung auch hin. Und dieser Hinweis gehört in Ihre Dokumentation!
Nun kommt was kommen muss: Die Behandlung ist abgeschlossen und die Versicherung hat den Betrag natürlich nicht oder nur zu einem Teil übernommen. Einige Patienten werden sich nun mit Sicherheit bei Ihnen beschweren und mit Ihrer Rechnung hadern; vielleicht haben Sie sowas ja schon mal erlebt. Dann ist es doch ideal, wenn Sie bei Ihrer EDV einfach auf einen Knopf drücken und ganz zweifelsfrei belegen können, dass Sie den Patienten auf diese Möglichkeit hingewiesen haben.
Es geht bei der Dokumentation also nicht darum, Sie zu ärgern, sondern darum, Sie zu schützen. Mit einer sauberen Dokumentation erhöhen Sie Ihr Abrechnungsvolumina und schützen sich vor Forderungen und Streitigkeiten – so wird das Qualitätsmanagement von der lästigen Pflicht zum Sicherheitsnetz und Erfolgsturbo Ihrer Praxis!
2. Positionierung und Strategie
Laut Qualitätsmanagement sind Sie zu regelmäßigen Team-Meetings verpflichtet. Das Wort regelmäßig taucht im Rahmen des Qualitätsmanagements sowieso häufiger auf und bietet einen großen Interpretationsspielraum.
Was bedeutet also regelmäßig in Bezug auf Team-Meetings?
Aus meiner Sicht und der Sicht der meisten Menschen, die sich mit dem Thema beschäftigen, bedeutet es „wöchentlich“, oder maximal alle 14 Tage.
Nun fragen Sie sich vielleicht, was Sie jede Woche, oder alle zwei Wochen, mit Ihrem Team besprechen sollen. Auch hier wird das Qualitätsmanagement wieder zu Ihrem Sicherheitsnetz. Denn zweifelsohne passiert jede Woche in jeder Arztpraxis etwas, das in einem Team-Meeting besprochen werden kann.
Im Praxisalltag können immer mal wieder Fehler passieren: Meist merken die Patienten das gar nicht, manchmal kriegen sie es am Rande mit und in seltenen Fällen passieren Fehler, bei denen ein Patient zu Schaden kommt. Letzteres passiert Gott sei Dank natürlich äußerst selten.
Ganz unabhängig vom Ausmaß des Fehlers, ist es jedoch wichtig, dass er im gesamten Team zeitnah nochmal zur Sprache gebracht wird. Wenn Fehler passieren, müssen sie analysiert und besprochen werden – auch dann, wenn der Patient davon gar nichts mitbekommen hat. Dabei geht es ganz klar nicht darum, den betroffenen Mitarbeiter zu kritisieren, sondern die jeweilige Ursache zu ergründen und die Prozesse so zu optimieren, dass sich der Fehler kein zweites Mal wiederholt.
Aber nicht nur Fehler sollten im Team Meeting besprochen werden.
Auch zwischenmenschlich kann es in Ihrer Praxis, wie in jedem Unternehmen, mal knirschen. Auch diese Situationen sollten zeitnah gemeinsam besprochen werden, denn nichts ist schlechter für das Arbeitsklima, als wenn Ihre Mitarbeiter ein ungutes Gefühl mit sich herumtragen und keine Möglichkeit haben, dieses in einem offiziellen Rahmen anzusprechen. Solche Unstimmigkeiten im Team sind übrigens einer der meistgenannten Gründe, wieso qualifizierte Mitarbeiter Arztpraxen verlassen.
Wenn das ein spannendes Thema für Sie ist und Sie mehr darüber erfahren wollen, wie Sie durch eine gute Stimmung im Team Ihre Mitarbeiter an Ihre Praxis binden, dann lesen Sie doch gerne einmal diesen Beitrag zur Personalbindung.
In diesem Beitrag geht es u.a. um Personalbindungsmaßnahmen unterschiedlichster Art. Ein Thema, das in diesem Zusammenhang angesprochen wird, ist die Fortbildung Ihrer Mitarbeiter. Und auch diese können Sie zu einem regelmäßigen Thema in Ihren Team-Meetings machen! So stellen Sie sich sicher, dass Ihre Mitarbeiter über aktuelle Weiterbildungsangebote informiert sind und diese auch wahrnehmen.
3. Strukturiertes Onboarding
Im Qualitätsmanagement geht es grundsätzlich darum, Prozesse genau zu beschreiben und zu dokumentieren. Doch viele Ärzte fragen sich, wieso sie etwas aufschreiben sollen, wenn sie es den Mitarbeitern auch einfach sagen können. Bei der Mitarbeiterführung und vor allem bei der Einarbeitung macht das aber einen großen Unterschied!
Ich habe in den letzten 17 Jahren ein paar Hundert Praxen kennengelernt und muss ehrlicherweise sagen, dass ich die Praxen mit einem klar dokumentierten Onboarding-Prozess an einer Hand abzählen kann.
Woher sollen neue Mitarbeiter denn wissen, was genau der Praxisinhaber von ihnen erwartet? Vielleicht wurde es ihnen nie gesagt – das kann ohne festen Prozess ja schnell mal vergessen werden. Und nach drei Wochen in der Praxis kommt es dann zum großen Ärger, weil Wissen vorausgesetzt wird, das nie vermittelt wurde.
Natürlich hat eine neue Mitarbeiterin ihren Job gelernt – es geht auch nicht um Auszubildende. Aber sie ist immer noch ein neuer Mensch in einer neuen Praxis, in der Dinge sicherlich anders gemacht werden als bei ihrem alten Arbeitgeber.
Das beginnt schon bei Kleinigkeiten: Zum Beispiel stellt sich in einer Zahnarztpraxis die Frage, wie der Tray sortiert sein soll. Hier hat jeder Zahnarzt sein eigenes System. Wie soll eine neue Mitarbeiterin erahnen, wie es in Ihrer Praxis läuft und wie Sie sich die Dinge vorstellen?
Wenn Sie aber sichergehen wollen, dass alle neuen Angestellten über die Prozesse in Ihrer Praxis informiert sind, dann schreiben Sie es doch einmal auf:
- Was muss eine neue Mitarbeiterin können?
- Wer bringt es ihr bei?
- Wer ist ihr Ansprechpartner für Fragen?
- Bis wann wird welches Wissen vorausgesetzt?
Gehen Sie dabei wirklich in die Details, so dass neue Mitarbeiter alle wichtigen Informationen aus dem Onboarding-Dokument mitnehmen. In vielen Fällen macht es auch Sinn, Dinge eben mal schnell mit einem Handyfoto zu dokumentieren, so z.B. bei dem eben erwähnten Tray in der Zahnarztpraxis.
Eine weitere Möglichkeit sind Videos zu bestimmten Prozessen: Zum Beispiel ein Erklärvideo, wie Patienten in Ihrer Praxis begrüßt werden sollen, wie sie aus dem Wartezimmer geholt werden sollen, und so weiter.
Das bedeutet im ersten Schritt zwar ein wenig zusätzliche Arbeit. Aber einmal gemacht, profitieren Sie langfristig davon und die Onboarding-Dokumente müssen nur noch ergänzt werden, wenn sich etwas verändert.
So wird das Qualitätsmanagement auch in diesem Bereich zum Sicherheitsnetz und Erfolgsturbo Ihrer Praxis, denn jeder im Team weiß ganz genau, wann er bei der neuen Kollegin welches Wissen voraussetzen kann.
4. Anonyme Mitarbeiterbefragungen
Damit sind wir auch schon beim vorletzten Punkt angekommen: Laut Qualitätsmanagement ist eine Praxis zu regelmäßigen Mitarbeiterbefragungen verpflichtet und laut der Neuerung 2020 sollte es möglichst eine anonyme Befragung sein.
Das bedeutet, dass die persönlichen Mitarbeitergespräche nicht mehr als Mitarbeiterbefragung ausreichen. Natürlich sollten Sie diese aber trotzdem regelmäßig führen. Auch hier darf ich Ihnen nochmal den Beitrag zur Personalbindung ans Herz legen, denn die Mitarbeitergespräche tragen ebenfalls maßgeblich zur Personalbindung bei.
Im Qualitätsmanagement geht es nun aber wirklich um eine anonyme Mitarbeiterbefragung, die hervorbringen sollte, wo Handlungsbedarf in deiner Praxis besteht:
- Wo sehen Ihre Mitarbeiter Optimierungsbedarf?
- Wobei fühlen sie sich unwohl?
- Was ärgert sie?
- Wie zufrieden sind sie mit ihrer Arbeit und den Rahmenbedingungen?
Wenn Sie regelmäßig Mitarbeiterbefragung durchführen, werden diese zu einem Frühwarnsystem für Sie. Sie machen Sie auf Themen aufmerksam, bevor sie zu einem großen Problem werden und Sie schlimmstenfalls deswegen gute Mitarbeiter verlieren.
Eine anonyme Mitarbeiterbefragung ist aus diesen Gründen ein Hygienefaktor für jede Praxis: Denn durch die Anonymität erfahren Sie immer auch Dinge, die Ihre Mitarbeiter im persönlichen Gespräch vielleicht gar nicht ansprechen würden.
5. Anonyme Patientenbefragungen
Nach der anonymen Mitarbeiterbefragung folgt die anonyme Patientenbefragung.
In einigen Praxen läuft die Patientenbefragung noch immer über einen Zettelkasten. In diesen Praxen wird die Patientenbefragung meist auch als wenig hilfreich angesehen. Denn auf diesem Weg kommt wirklich nichts Spannendes dabei heraus!
Über Online-Tools geht das heute aber viel besser. Beispielsweise scannt der Patient, während er im Wartezimmer sitzt, einen QR-Code und füllt dann komplett anonym den Fragebogen aus.
Mit den so gewonnenen Ergebnissen und der durch die Anonymität gegebenen Ehrlichkeit bringen die Befragungen dann auch wirklich ein relevantes Ergebnis: So finden Sie ganz einfach heraus, was besser gemacht werden kann und wo die Unterschiede in den Erwartungen bestimmter Patientengruppen liegen. Das hilft Ihnen dann z.B. auch bei der Frage, wie Sie den Privatpatiententeil in der Praxis erhöhen kannst.
Fazit
Diese fünf Punkte sollen verdeutlichen, was das Qualitätsmanagement wirklich ist. Es ist keine lästige Pflicht, sondern, richtig eingesetzt, sowohl Sicherheitsnetz als auch Erfolgsturbo für Ihre Praxis!
Durch verbesserte Dokumentation, regelmäßige Team-Meetings, strukturiertes Onboarding sowie anonyme Mitarbeiter- und Patientenbefragungen vermeiden Sie nicht nur Fehler und schlechte Stimmung in der Praxis, sondern werden frühzeitig auf kritische Themen aufmerksam gemacht und können handeln, bevor sie zum Problem werden.