[28] Die 3 entscheidenden Hebel, um konstanten Zeitdruck in Ihrer Praxis zu reduzieren


Die 3 entscheidenden Hebel, um konstanten Zeitdruck in Ihrer Praxis zu reduzieren

Eine Sache höre ich in meinen Gesprächen mit Praxisinhabern immer wieder: Der Praxisalltag sei insbesondere deswegen sehr anstrengend und herausfordernd, weil sie unter konstantem Zeitdruck stehen. Nun möchte ich gar nicht abstreiten, dass das der Fall ist – aber aus Erfahrung kann ich mittlerweile sagen, dass das nicht so sein muss!  

 

In diesem Blogbeitrag verrate ich Ihnen drei Hebel, die jeder Praxisinhaber selbst im Griff hat und die er jederzeit ändern kann.  

1 | Einbestellwesen exakt definieren

Der erste und wahrscheinlich bedeutendste Punkt ist die Organisation des Einbestellwesens. Es ist wirklich erschreckend, in wie wenig Praxen das Einbestellwesen exakt definiert wird.  

Das Problem ist, dass die meisten Mitarbeiter an der Rezeption nicht die richtigen Hilfsmittel an der Hand haben, um den Grund für den Patientenbesuch korrekt abzufragen und einordnen zu können:  

  • Wie lange wird der Termin dauern?  
  • Wie viele und welche Ressourcen werden dafür benötigt?  
  • Muss der Patient vor dem Gespräch mit dem Arzt geröntgt werden oder steht noch gar nicht fest, ob das notwendig ist?  
  • Gibt es andere Untersuchungen, die vor dem Gespräch gemacht werden müssen?  

Es gibt viele weitere Beispiele, doch Sie kennen ja die spezifischen Fragen, die sich in Ihrer Fachrichtung stellen, selbst.  

Entscheidungsbaum erstellen

Erstellen Sie mit Ihrem Team einen sogenannte Entscheidungsbaum. Halten Sie schriftlich fest, welche Fragen am Telefon mit dem Patienten geklärt werden müssen und wie es abhängig von der Antwort weitergeht. Schlussendlich muss der Entscheidungsbaum klar aufzeigen, wieviel Zeit der Patient beim Behandler benötigt und welche sonstigen Ressourcen in der Praxis eingeplant werden müssen.  

 

Im nächsten Schritt muss der Entscheidungsbaum optimiert und die Terminlänge konstant überprüft werden. Denn wenn Sie den Entscheidungsbaum das erste Mal aufstellen, werden viele Zeiteinschätzungen Bauchentscheidungen sein. Es gilt dann in der Praxis zu überprüfen, wie lange die jeweiligen Termine wirklich gedauert haben und diese entsprechend anzupassen. Dieser Prozess kann Wochen oder Monate dauern – innerhalb eines Jahres sollte er aber auf jeden Fall abgeschlossen sein.  

 

Bitte erschrecken Sie nicht, wenn ich sage, dass die Optimierung des Einbestellwesens sich über Wochen oder Monate ziehen kann. Das bedeutet natürlich nicht, dass Sie sich jeden Tag stundenlang damit befassen müssen. Aber das Thema wird immer wieder 10 bis 15 Minuten in den Besprechungen mit Ihrem Team einnehmen. So werden Sie sich gemeinsam mit Ihrem Team Schritt für Schritt nach vorne bewegen und die Terminlängen immer genauer abschätzen können.  

Behandlungsablauf logisch festlegen

Neben der Terminlänge wird ein weiterer wichtiger Punkt in vielen Praxen nicht bedacht: Die Belegung der entsprechenden Geräte und Räume, um so einen logischen Behandlungsablauf festzulegen.  

 

Die meisten Hersteller von Praxis-Verwaltungs-Software bieten die Möglichkeit, Ressourcen wie Räume und Geräte zu planen. Ich kann mir tatsächlich kaum vorstellen, dass es eine Software gibt, mit der das nicht geht – sehr wohl kann ich mir aber vorstellen, dass Sie und Ihr Team den Bereich der Software bisher noch nicht nutzen. Damit wären Sie nicht die einzigen. Sollte das der Fall sein, ist es nun eine gute Gelegenheit, um eine Schulung mit dem Hersteller der Software für das gesamte Praxisteam zu vereinbaren.  

 

Die benötigten Räume und Geräte entsprechend zu planen, optimiert die gesamten Abläufe und Prozesse in Ihrer Praxis und damit auch die Durchlaufzeit für die Patienten. Und eine schnellere Durchlaufzeit ist für jeden angenehm: Es ist weniger Betrieb in der Praxis, die Leute treten sich nicht gegenseitig auf die Füße, die Wartezeit verkürzt sich – all das führt zu zufriedenen Patienten, Helferinnen und Behandlern.  

 

Ebenso wie die Terminlänge ist auch die Planung der logischen Behandlungsabläufe ein Thema, das Ihr Team und Sie über einen längeren Zeitraum begleiten wird. Natürlich ist es unmöglich für 100 % der Fälle in Ihrer Praxis vorstrukturierte Behandlungsabläufe festzulegen. Aber das Pareto-Prinzip, die berühmte 80-20-Regel, gilt auch hier: Den Großteil der Patientenbesuche können Sie in klar strukturierte Abläufe einordnen und somit viel Zeit sparen. 

Termine für Notfallpatienten sinnvoll einplanen

Das Einbestellwesen ist ein großes Thema, darum möchte ich Ihnen noch einen Tipp für Ihr Vorgehen geben: Fangen Sie ganz einfach an! Beginnen Sie mit den allerbanalsten Strukturen des Einbestellwesens und überlegen Sie sich einmal, wie viele Termine Sie für Privatpatienten brauchen, die Sie grundsätzlich bis 24 Stunden zuvor an jedem Tag freihalten.  

 

Überlegen Sie sich dann, wie viele Termine Sie für Notfallpatienten brauchen und wann Sie diese Termine legen wollen. Tatsächlich gibt es viele Praxen, die die Notfallpatienten gar nicht vorher einplanen. Und es gibt Praxen, die sie gleich an den Anfang der Sprechstunde legen, was ich für sehr gewagt halte. Denn Notfallpatienten bringen den Praxisbetrieb ganz schnell durcheinander. Mein Rat ist es daher, die Notfalltermine an das Ende der Sprechzeiten am Vormittag zu stellen, also vor die Mittagspause. Wie viel Zeit Sie dafür einplanen sollten, wissen Sie sicherlich selbst, anhand der Notfälle, die im Schnitt jeden Tag in Ihre Praxis kommen. Sollten Sie das nicht wissen, bitten Sie Ihr Team einfach mal, einen Monat lang eine Strichliste zu führen.  

 

So wissen Sie nach kurzer Zeit, wie viele Notfälle Sie haben, und können einschätzen, wie viel Zeit sie Sie kosten. Diesen Zeitraum dann vor die Mittagspause zu legen, hat einen großen Vorteil: Sollten mal weniger Notfallpatienten kommen als befürchtet, haben Ihr Team und Sie ein bisschen Luft, um liegengebliebene Aufgaben in Ruhe abzuarbeiten. Sollte gar nichts zu tun sein, können Sie auch einfach mal die Mittagspause um 20 Minuten verlängern.  

 

Ist dieser Schritt gemacht, können Ihr Team und Sie die nächsten Punkte angehen, die ich vorhin angesprochen habe: Terminlängen bestimmen, einen Entscheidungsbaum erstellen und dann die Ressourcen und Räume entsprechend planen.

2 | Zeitfenster einhalten

Der zweite Punkt, der dazu führt, dass Sie konstant unter Zeitdruck stehen, wird Ihnen vielleicht am wenigsten gefallen. Denn der zweite Punkt betrifft Sie ganz persönlich: Es geht um Ihre eigene Disziplin.  

 

In den letzten Jahren habe ich diverse Hospitationen bei Medizinern unterschiedlicher Fachrichtungen gemacht und dabei festgestellt: In den wenigsten Praxen hängt in jedem Raum eine große Uhr, gut sichtbar an der dem Behandler gegenüberliegenden Wand. Natürlich haben Sie eine Uhr um Ihr Handgelenk und am Computer – aber die meiste Zeit schauen Sie nun mal den Patienten an. Nur wenn die Uhr an der gegenüberliegenden Wand hängt, haben Sie sie immer im Blick.  

 

Warum braucht es das? Wir haben gerade über das Einbestellwesen gesprochen und über die Frage, wie lange die einzelnen Termine in Ihrer Praxis dauern. Wenn Sie und Ihr Team im Einbestellwesen nun jeden Termin mit zehn Minuten einplanen, Sie aber immer 15 Minuten beim Patienten sind, dann stellt sich die Frage: Ist der Termin im Einbestellwesen falsch angesetzt? Oder war der Patient vielleicht so nett, dass ihr euch zu lange unterhalten habt und aus zehn Minuten schnell 15 wurden?  

 

Was der Grund ist, muss in jedem Einzelfall entschieden werden. War die Zeitplanung falsch, dann muss der Prozess noch weiter optimiert werden. Wenn es aber nicht an der Zeitplanung lag, dann hilft nur Disziplin: Wenn Ihre Praxis glatt laufen soll und Sie ohne Stress und Zeitdruck arbeiten wollen, dann müssen auch Sie Ihren Teil dazu beitragen und die geplanten Zeiten einhalten – Und dabei hilft Ihnen eine gut sichtbare Uhr. 

Eine Software für die Dokumentation nutzen

Ein weiterer wichtiger Punkt beim Thema Disziplin ist die Dokumentation. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Behandler sich selbst an den Computer setzen, um irgendetwas einzugeben. Die Frage, die ich mir dabei stelle, ist: Wieso arbeiten so wenig Behandler mit einer Spracherkennungssoftware?  

 

Vor ein paar Jahren war die Spracherkennung zwar noch sehr schlecht und es hat wirklich genervt, damit zu arbeiten. Aber inzwischen bewegt sich das Softwareangebot für die medizinischen Fachsprache auf einem wirklich hohen Niveau. Dennoch ist es zu Beginn eine kleine Umgewöhnung, da man anders mit der Software sprechen muss als man normalweise sprechen würde. Aber ich versichere Ihnen: Wenn Sie sich drei Monate Zeit geben, sich daran zu gewöhnen, werden Sie eine deutliche Zeitersparnis feststellen.  

 

Bei vielen Ärzten sind 60 Patienten pro Tag keine Besonderheit: Wenn Sie pro Patient durch den Einsatz eines solchen Systems nur eine Minute sparen, sprechen wir über eine ganze Stunden mehr Zeit am Tag! Bei anderen Ärzten sind es vielleicht nicht ganz so viele Patienten – aber selbst, wenn Sie damit nur eine halbe Stunde pro Tag sparen; sind das unfassbare 110 Stunden im Jahr! Das sind also rund drei Arbeitswochen, die Sie damit für sich selbst gewinnen! 

 

Auch preislich liegen die Geräte dafür mittlerweile bei einer überschaubaren Größenordnung um die 2.000 Euro. Das amortisiert sich also wirklich in Nullkommanichts. Zum einen natürlich durch die Zeitersparnis. Zum anderen aber, ist oftmals als Nebeneffekt festzustellen, dass schlicht mehr und genauer dokumentiert wird, was natürlich einen positiven Einfluss auf die Abrechnung hat.  

3 | Interne Abläufe optimieren

Schauen wir uns noch den dritten und letzten Punkt an: Die Optimierung der internen Abläufe. Hierbei geht es vor allem um die Zusammenarbeit mit Ihren Mitarbeitern. Bei jedem Team stellt sich als erstes eine scheinbar überflüssige Frage: Weiß wirklich jeder, was er zu tun?  

 

Das soll überhaupt keine anmaßende Frage sein, aber gibt es bei Ihnen in der Praxis überhaupt schriftliche Arbeitsplatzbeschreibungen? Sind diese aktuell und bilden sie wirklich das ab, was Ihre Mitarbeiter tun respektive eigentlich tun sollten? Haben alle Ihre Mitarbeiter die Fähigkeiten und das Know-how diese Aufgaben fehlerfrei zu erledigen? Und beherrschen sie die in Ihrer Praxis vorhandene technische Ausstattung wirklich?  

 

Dass das oberflächlich der Fall ist, weiß ich. Aber ich beobachte in vielen Praxen, dass die Mitarbeiter mit ganz alltäglichen Dingen, wie der Telefonanlage oder der Praxis-Software wirklich nur oberflächlich umgehen können und es vermeiden, sie mehr zu nutzen als zwingend notwendig. Mit Sicherheit gab es bei der Einführung der jeweiligen Geräte eine Schulung in Ihrer Praxis und es wurde alles detailliert mit dem Team durchgesprochen. Aber bestimmt gab es seitdem auch Personalwechsel und die Mitarbeiter lernen sich nur noch untereinander ein. Leider gehen dabei oft wichtige Informationen und Wissen verloren – wir alle kennen das Spiel „Stille Post“.  

 

Wichtig ist es daher, die Zusammenarbeit im Team und mit allen technischen Geräten zu optimieren. Dazu braucht es eine saubere Arbeitsplatzbeschreibung und einen klar definierten Onboardingprozess. Dieser beinhaltet konkret, wer die Einarbeitung zu welchem Thema verantwortet, und wird innerhalb der Einarbeitungszeit abgehakt.  

 

Dann sollten Sie aber noch einen Schritt weitergehen, denn bisher haben wir ja nur über die Standardfälle gesprochen. Vorhin habe ich bereits erwähnt, dass wir damit circa 80 % aller Situationen abdecken – doch es kommen immer noch 20 % Sonder- und Ausnahmefälle hinzu. Auch hier muss definiert sein, wer in diesen Fällen entscheidet: Denn wie oft steht in einer Praxis eine Helferin hilflos herum, weil sie weder weiß, wie sie eine bestimmte Situation handhaben soll, noch wer das nun entscheiden kann? In den meisten Fällen kostet das Ihr Team und Sie nur wenige Minuten. Aber diese Minuten addieren sich über den Tag, über die Woche und über das Jahr – und kosten am Ende richtig viel Zeit.  

 

Fazit

Zusammengenommen produzieren die drei Bereiche für alle Beteiligten, die wir in diesem Blogbeitrag besprochen haben, völlig überflüssigen Stress und jeder hat das Gefühl, wahnsinnig unter Druck zu stehen. Das können Sie aber ganz einfach beheben, indem Sie Ihr Einbestellwesen optimieren, an Ihrer eigenen Disziplin arbeiten und die Zusammenarbeit mit und in Ihrem Team verbessern.