[44] Der Weg zur Effizienzpraxis


Der Weg zur Effizienzpraxis

Unterhält man sich auf Tagungen und Kongressen mit Kollegen, so gewinnt man manchmal den Eindruck, der Einzige zu sein, der nicht so ganz zufrieden mit der eigenen Praxis ist. Andererseits bestimmen steigende Kosten, Digitalisierung und der Fachkräftemangel den Alltag in den Praxen. 

Ich kann Dich beruhigen, denn Du bist nicht der einzig unzufriedene Praxisinhaber. Statistisch sinkt diese Zufriedenheit der Praxisinhaber mit ihrer beruflichen Situation kontinuierlich: Von 62% in 2016, über 55% in 2019 runter auf 51% in 2022. In der aktuellsten Befragung im QI 2023 sinkt die Zahl weiter: auf gerade mal 48%. 

Als größte Herausforderung empfinden knapp zwei Drittel (62%) Deiner Kollegen den Bürokratischen Aufwand im Praxisalltag. Daher verwundert es nicht, dass sie in einer aktuellen Studie als ihren größten Wunsch „Weniger Dokumentation und Verwaltungsarbeit“ (86%) angeben. Auf Platz zwei folgt der Wunsch nach mehr Einkommen (Allgemeinärzte: 68%, Fachärzte 73%, Zahnärzte 83%) und auf Platz drei der Wunsch nach mehr Zeit (65%). 

Das alles muss aber kein Traum bleiben! Diese Wünsche kannst du realisieren, indem Du Deine Praxis systematisch zur Effizienzpraxis entwickelst. Wie das funktioniert, erfährst Du in diesem Blogbeitrag. 

Problem #1: Steigende Praxiskosten

Nimm Dir bitte mal einen kurzen Moment Zeit und führe Dir die drei Herausforderungen, die Dich derzeit in Deinem Praxisalltag am meisten quälen, vor Augen. Angenommen Du würdest mit Deiner Praxis das Doppelte von dem verdienen, was Du heute damit verdienst: Könntest Du mit diesem Geld Deine drei Probleme lösen?

 

Bei objektiver Betrachtung müssen wir doch wohl feststellen, dass sich alle zu Beginn dieses Blogbeitrags aufgezählten Themen mit Geld lösen lassen. Lass uns das doch gleich mal mit konkreten Zahlen unterlegen: Pro Behandler wird in deutschen Praxen ein Jahresumsatz von etwa 420.000 € mit einem Reinerlös von knapp 210.000 € erwirtschaftet. Doppelter Ertrag bedeutet also 400.000 statt 200.000 € Reinerlös!

 

Wen interessieren bei diesen Summen noch steigenden Praxiskosten in Höhe von etwa 6%? Das sind in absoluten Zahlen 12.600 €. Beim doppelten Ertrag ist das wohl eher kein so großartiges Problem.

Problem #2: Fachkräftemangel

Fachkräftemangel war das nächste Sorgenkind der Praxisinhaber. Ganz grundsätzlich halte ich den hoch gehypten Fachkräftemangel für einen Mythos – jedenfalls aus Sicht eines einzelnen Praxisinhabers. Natürlich gibt es insgesamt weniger MFAs und ZFAs auf dem Markt, als es offene Stellen gibt. Wenn Du ehrlich bist, interessiert Dich doch aber nicht der Gesamtmarkt, sondern eigentlich doch nur die Situation in Deiner Praxis. 

 

Wenn es auf dem Markt weniger Angebot als Nachfrage gibt, dann heißt das doch nur, dass die guten Fachkräfte sich ihres wahren Wertes bewusstwerden. Das ist ein völlig normaler Prozess von Angebot und Nachfrage. Wenn ich in Personalanzeigen lese, „wir zahlen übertariflich“, dann frage ich mich, was das einer potentiellen Bewerberin sagen soll. Sind das 3%, 5% oder 10% mehr?

 

In der derzeitigen Marktsituation interessiert sich keine gute und engagierte Mitarbeiterin, die weiß, was sie kann und welchen Wert sie für eine Praxis darstellt, mehr für Tarifgehälter. Heute erwartet eine gute MFA in München bereits direkt nach der Ausbildung ein Bruttogehalt zwischen 3.200 und 3.500 €. Da geht es nicht um 3%, 5% oder 10%, sondern um knapp 50% mehr. Es ist auch in keinster Weise unverschämt, wenn diese MFAs ein paar Jahre später, Gehaltsvorstellungen von 4 und 4,5 tausend Euro haben – das ist absolut seriöse Nutzung der Möglichkeiten, die die freie Marktwirtschaft guten Leuten bietet.

 

Wenn Du mit Deiner Praxis das Doppelte verdienen würdest, könntest Du das doch auch völlig problemlos zahlen. Und selbst wenn Du nur 50% mehr verdienen würdest als die Durchschnittspraxis wären diese Gehälter für Dich auch bezahlbar.  

Problem #3: Überbordende Bürokratie

Das nächste Problem ist die überbordende Bürokratie. Die Lösung hierfür ist es, eine „Assistenz des Praxisinhabers“ einzustellen, die große Teile der Verwaltungsarbeit und noch vieles mehr für Dich erledigt. Es gibt mittlerweile diverse Studiengänge, die interessante Kombinationen aus Gesundheitswesen, BWL, Management und Personalwesen sind. Personen mit einem solchen Ausbildungshintergrund nehmen Dir nicht nur einen Gutteil des Bürokratischen Aufwands im Praxisalltag ab, sondern können sich auch um Personalthemen und die Erledigung kaufmännischer Aufgaben kümmern. 

 Zu gut Deutsch: Sie schaffen Dir nicht nur ungeliebte Arbeiten von der Backe, sondern sorgen gleichzeitig dafür, dass Du selbst wieder mehr Zeit hast. Jemand, der entsprechend gut qualifiziert ist, um einen derartigen Job gut zu erledigen, liegt in einer Einkommensgrößenordnung um die 60.000 € im Jahr. Aus heutiger Sicht mag das viel erscheinen, aber angenommen Du würdest das Doppelte verdienen, dann ist das überhaupt kein Problem, sondern ein sinnvoller nächster Schritt zu mehr Lebensqualität und Spaß an der Arbeit. Und selbst mit nur 50% mehr als die Durchschnittspraxis wäre das eine realistische Option. 

All Deine Probleme in der Praxis lassen sich auf eines reduzieren: Du verdienst zu wenig! Am Ende des Tages lässt sich alles mit genügend Geld lösen. Das bringt uns zu der Frage: Wie ist es möglich das Praxisergebnis zu verdoppeln? Oder wenigstens 50% mehr zu verdienen, denn das erreicht heute bereits schon jeder fünfte Praxisinhaber. Eigentlich ist das ganz einfach: Indem Du Deine Praxis systematisch zu einer Effizienzpraxis entwickelst. Um Dir eine Vorstellung zu geben, wie das konkret abläuft, versuche ich nachfolgend die Roadmap eines Prozesses von der Durchschnittspraxis zur Effizienzpraxis zu skizzieren:

Schritt 1: Die Praxispotentialanalyse

Bei der Praxispotentialanalyse analysieren wir die zentralen Bereiche Deiner Praxis, um ein umfassendes Bild der derzeitigen Situation und des Ist-Standes zu bekommen.  

Konkret handelt es sich um:  

  • einen betriebswirtschaftlichen Praxisvergleich, 
  • die Personalkennzahlen sowie die Effizienzanalyse von Behandlern und Helferinnen,
  • die Patientenstruktur sowie der Patientenbestand und die Patienten-Entwicklung
  • das Zuweiser-Management
  • die Prozesse und Abläufe im Team sowie
  • die in- und externe Kommunikation inkl. dem Reputationsmanagement. 

Die Praxispotentialanalyse ist ein Benchmarkvergleich, der Effizienz- als auch Effektivitäts-Kriterien umfasst. Das Benchmarking wird mit dem Ziel betrieben, Potenziale der Optimierung zu erkennen und daraus Handlungsanweisungen abzuleiten, auf welche Weise die Ergebnisse verbessert werden können. Diese Optimierungspotenziale können wir mit unserem Wissen und unserer Erfahrung aus 17 Jahren Praxisberatung schnell erkennen, nachvollziehbar darstellen und sicher umsetzen. 

 

Schritt 2: Relevante KPIs definieren und Kennzahlenmanagements einführen

„Was man nicht messen kann, kann man nicht lenken.“ Wer das einmal erkannt hat, wird es genießen, zukünftig seine komplette Praxis mit nur einer Stunde Zeiteinsatz pro Monat, steuern und wirtschaftlich optimieren zu können. Um das zu erreichen ist es vorab jedoch notwendig, die einzelnen für Deine Praxis sinnvollen Key Performance Indikators, kurz KPIs, zu definieren.  

Identifiziere und visualisiere zunächst einmal die Kennzahlen, die sich auf den Erfolg, die Leistung oder die Auslastung Deiner Praxis und seiner einzelnen organisatorischen Einheiten beziehen. Im Anschluss richtest Du ein kontinuierliches Monitoring ein und stellst durch systematische Evaluierung die Zielerreichung sicher. 

Schritt 3: Praxis positionieren und Wunschpatienten definieren

Patienten hat jede Praxis im Normalfall mehr als genug. Wenn Du Deine Praxis aber effizienter führen willst, geht es nicht darum, einfach nur irgendwelche Patienten zu haben, sondern genau die richtigen. Diese kannst Du durch gezielte Kommunikation erreichen. 

Die Positionierung Deiner Praxis ist die Basis einer erfolgreichen Praxiskommunikation. Mit ihr erschaffst Du ein unverwechselbares Profil Deiner Praxis und gibst Patienten & Bewerbern zentrale Argumente, sich für Dich zu entscheiden. Kern einer Positionierung ist die Fokussierung Deiner Praxiskommunikation auf die wichtigsten Alleinstellungsmerkmale und Besonderheiten Deiner Praxis. 

Die Voraussetzung jeder Positionierungs-Strategie ist die Eingrenzung der Zielgruppe. Sich auf eine Zielgruppe zu fokussieren heißt, diesen Patienten explizit die beste, auf sie zugeschnittene Lösung zu bieten. 

Auch wenn Du als Mediziner natürlich jeden Menschen gleich gern behandelst und jedem gerne hilfst, so gibt es doch trotzdem Patienten, die Du besonders gerne behandelst. Egal ob Du sie menschlich sympathisch findest, sie Dir persönlich besonders nah sind oder Du sie aus medizinischer Sicht interessant findest – es gibt sie einfach die Lieblings- oder Wunschpatienten. Definiere Deine Wunschpatienten und behalte sie bei der Positionierung der Praxis immer im Auge. 

Schritt 4: Kommunikationskonzept entwickeln und umsetzen

Wenn klar ist, wofür Du stehst, welche Patienten Du Dir wünscht und welche Mitarbeiter ideal dazu passen, geht es darum, wie Du diese Menschen am besten erreichst. Dabei sind neben dem Inhalt vor allem auch Softfacts von Bedeutung. 

Auch wenn das jetzt für Dich eventuell völlig absurd klingt, so ist in zig Studien nachgewiesen, dass bestimmte Farben unterschwellig ganz bestimmte Werte und Aussagen vermitteln und bestimmte Menschen auf bestimmte Schrifttypen eher positiv oder eher negativ reagieren. So wird ein und demselben Text mit dem einen Schrifttyp eher Vertrauen entgegengebracht als mit einem anderen. 

Bestimme zudem die Tonalität Deiner Texte, denn sie haben einen großen Einfluss darauf, wie Du Deine zuvor definierte Zielgruppe erreichen kannst. Anschließend legst Du fest, welche Medien und Maßnahmen Du wie und wo einsetzen kannst. 

Schritt 5: Mitarbeiterbefragung & Hospitation

Um die Effizienz Deines Praxisteams zu optimieren, ist es notwendig, ein realistisches Bild der Meinung Deiner Mitarbeiter über die eigene Praxis zu erhalten. Eine anonyme Mitarbeiterbefragung ist hierfür das effizienteste Mittel.  

Dadurch erfährst Du ungeschminkt wie Dein Team u.a. 

  • das Miteinander und Vorgesetztenverhalten erlebt,  
  • die Möglichkeiten zur eigenen Weiterentwicklung und persönliche Perspektiven beurteilt, sowie  
  • die Bezahlung und Arbeitsbelastung einschätzt. 

Weiterhin werden 

  • interne Kommunikation,  
  • Zusammenarbeit mit Kollegen sowie 
  • Betriebsklima 

hinterfragt, so dass Du am Ende ein klares Bild der Stimmungslage im Team hast. 

Im nächsten Schritt erfolgt eine Hospitation einer Trainerin dieses Bild zu verifizieren und die Prozesse und Abläufe in der Praxis kritisch zu hinterfragen. So bekommst Du eine valide Basis für den nächsten entscheidenden Schritt, nämlich die Entwicklung und Durchführung des Optimierungsprozesses. 

 

Schritt 6: Arbeitgebermarke entwickeln („Employer Branding“)

Bei der Arbeitgebermarkenbildung geht es darum, das Besondere des Unternehmens als Arbeitgeber herauszuarbeiten, operativ umzusetzen und nach innen und außen zu kommunizieren.  

Der Prozess beginnt mit der Definition der Arbeitgeberpositionierung. Je profilierter und unterscheidbar diese ist, desto klarer und wirkungsvoller ist ihr Identifikationsangebot. Ecken und Kanten zeigen Arztpraxen noch viel zu selten. Denn Mut zum Profil heißt immer auch, sich für das eine und somit gegen das andere zu entscheiden. Das fällt nicht allen leicht und ist auch immer etwas unbequem. 

Eine gute Arbeitgeberpositionierung zeichnet sich durch drei Faktoren aus. Sie ist immer: 

  • glaubwürdig, wird also von der überwiegenden Mehrheit der Mitarbeiter akzeptiert,
  • differenzierend, unterscheidet den Arbeitgeber also im Arbeitsmarkt von seinen Wettbewerbern und 
  • zukunftsweisend, fördert also vom Praxisinhaber gewünschte Veränderungen in der Praxis. 

Das Ziel des Employer Branding Prozesses ist erreicht, wenn die relevanten Berufsgruppen ein überwiegend einheitliches und unterscheidbares Vorstellungsbild von Deiner Praxis als Arbeitgeber haben. 

Als Ergebnis einer unverwechselbaren Arbeitgebermarke, darfst Du Dich auf eine ganze Kette von Effekten freuen, denn durch eine bessere Bewerberpassung entsteht in der Praxis eine homogenere Kultur. Das führt zu mehr Teamgeist und Identifikation mit den Zielen und Werten der Praxis. Die Identifikation mit dem Arbeitgeber steigt.  

Die Folgen sind 

  • höhere Leistungsbereitschaft,  
  • sinkender Krankenstand,
  • bessere Arbeitsergebnisse und 
  • höhere Produktivität 

Daraus lässt sich erkennen, dass die Effizienzpraxis, die mindestens 50% mehr Ertrag generiert, wirklich für jeden zu realisieren ist.