[51] – 3 Tipps, um den bürokratischen Aufwand in der Praxis zu reduzieren
3 Tipps, um den bürokratischen Aufwand in der Praxis zu reduzieren
Insgesamt müssen Ärzte und Psychotherapeuten 353 Informationspflichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), des GKV-Spitzenverbandes und des Gemeinsamen Bundesausschusses erfüllen. 52 Millionen Stunden verbringen sie mit diesen Verwaltungstätigkeiten im Jahr. Die Kosten dafür belaufen sich auf rund 2,3 Milliarden Euro im Jahr.
Umgerechnet sind das pro Behandler 60 Nettoarbeitstage die jährlich vom Arzt und seinem Team mit Papierkram für die Selbstverwaltung verbracht werden.
Die KBV hat im Jahr 2022 in einer Studie zur eAU festgestellt, dass der Bürokratieaufwand in vertragsärztlichen Praxen nicht gesenkt wurde, sondern sich um 1,25 Millionen Stunden pro Jahr erhöht hat. Besonders die lange Dauer des elektronischen Signier- und Versandvorgangs, im Einzelfall geht es dabei „nur“ um 50 Sekunden, summiert sich bei 90 Millionen ausgestellten eAUs auf 1,25 Millionen Stunden.
Wie Du in deiner Praxis die vielen kleinen Zeitfresser identifizierst und abschaffst, erfährst Du hier.
Zeitfresser Telefon
Einer der großen Zeitfresser ist das Telefon. Ein wunderschönes Beispiel ist die dort häufig verwendete Formulierung: „Wann möchten Sie denn kommen?“
Im Sinne der Patientenorientierung ist diese Frage zunächst ein freundlicher Ansatz, aus Zeitmanagement-Sicht ein gravierender Fehler. Besser wäre die Alternativ-Formulierung: „Ich kann Ihnen folgende Termine anbieten…“.
Telefonate mit einem so formulierten Terminangebot sind im Mittel 39 Sekunden kürzer. So ergeben sich bei 100 Telefonaten eine Zeitersparnis von etwas mehr als einer Stunde pro Tag, dies bedeutet 240 Stunden pro Jahr.
Wie lassen sich Zeitfresser identifizieren?
Abläufe und Prozesse Deiner Praxis solltest Du regelmäßig durch fachkundiges externes Personal analysieren lassen.
Entweder bittest Du einen befreundeten Kollegen einen Tag in Deiner Praxis die Abläufe zu analysieren und festzuhalten, was ihm auffällt. Oder Du engagierst eine unserer Trainerinnen, die für einen Tag zu einer Hospitation in deiner Praxis verbringen und die aufgrund Ihrer vielfältigen Erfahrung aus vielen anderen Praxen relativ schnell erkennen, wo ineffektiv agiert wird. Außerdem können sie Dir im Anschluss auch gleich konkrete Optimierungsvorschläge unterbreiten.
Rechnet sich das?
Der Tagessatz für eine Trainerin beträgt 1.850 € netto.
Der Gewinn aus dem vorhin erwähnten Telefonbeispiel, bei dem wir einen einzigen Satz verändert haben, beträgt bei einem durchschnittlichen Stundenlohn einer MFA rund 7.500 € pro Jahr.
Ja, das rechnet sich…
Diese 3 Tipps zur Reduzierung des bürokratischen Aufwands in Deiner Praxis kannst Du auch ganz alleine umsetzen:
1.) Überflüssigen Papierschlachten und Scan-Orgien der Anamnesebögen
In vielen persönlichen Gesprächen mit Praxisinhabern stelle ich immer wieder fest, dass den wenigsten der Gesamtzeitaufwand des Komplettprozesses „Anamnesebogen“ klar ist. Deshalb hier der komplette Ablauf:
Schritt 1: Ausdrucken von Anamnesebögen
Erst wenn das letzte Klemmbrett mit einem leeren Anamnesebogen ausgegeben wurde, wird es ernst. Jemand muss seine Arbeit unterbrechen, in der EDV das entsprechende Word-Dokument suchen, Papier im Drucker einlegen und Anamnesebögen ausdrucken, danach leere Klemmbretter befüllen.
Im Laufe des Tages werden die Anamnesebögen dann ausgegeben und von den Patienten handschriftlich ausgefüllt. In vielen Praxen sind Recall-Vereinbarungen in den Anamnesebögen enthalten und dann werden die dazugehörigen E-Mail-Adressen bzw. Handy-Nummern händisch von einer der Helferinnen, in die Praxis-Software übertragen.
Sicher nicht der Weg um zu einem korrekten Datenstand zu kommen.
Zum Schluss werden nun noch alle Anamnesebögen eingescannt und mit dem Datensatz des jeweiligen Patienten verbunden.
Über die Fehlerquote schweigen wir an dieser Stelle einfach.
Dieser Prozess ist schlicht ineffektiv und wenig zielführend.
Wenn wir nur 60 Sekunden für Ausdrucken und Klemmbrett vorbereiten und 90 Sekunden für einscannen und Daten händisch übertragen unterstellen, sind das 150 Sekunden pro Anamnesebogen. Also bei 800 Behandlungsfällen pro Arzt pro Jahr, bei denen ein Anamnesebogen ausgefüllt wird, knapp 70 Arbeitsstunden für dein Team
Die Lösung des Problems heißt „digitale Anamnese“.
Da gibt es inzwischen Unmengen von Anbietern, die Dir im Grunde aber mit wenigen Ausnahmen alle mehr oder minder das gleiche anbieten:
Z.B. über einen QR-Code kann der Patient in der Praxis einen Anamnesebogen auf sein Handy laden und ausfüllen. Anschließend wird dieser Bogen automatisch über eine Standardschnittstelle an die jeweilige Kundenakte in Deinem PVS geheftet.
Natürlich kannst Du den Link zu dem Anamnesebogen auch vorab per Mail an den Patienten schicken, so dass dieser den Fragebogen bereits vorab in Ruhe zu Hause auf seinem Computer, Tablet oder Handy ausfüllen kann.
Für ältere Patienten ist das besonders angenehm, da sie in gewohnter Umgebung, bei Bedarf auch mit Unterstützung Ihrer Familie, den Bogen ausfüllen können.
Soweit können das eigentlich alle relevanten Anbieter.
Was uns zum entscheidenden Punkt bringt:
Zusätzlich zu der so entstehenden Zeit-, Fehler- und Kostenersparnis vereinfachen Dir die Daten aus der digitalen Anamnese an vielen Stellen die Informations-beschaffung für Dein Kennzahlenmanagement ganz ungemein, natürlich nur dann, wenn diese Daten auch Excel – kompatibel abrufbar sind.
Und genau daran scheitern die meisten Anbieter. Deshalb lass Dir von dem Anbieter Deiner Wahl vorführen, dass das funktioniert.
Manche Anbieter versuchen diesen Punkt herunterzuspielen, indem Sie darauf hinweisen, dass man Auswertungen auch innerhalb Ihres Anwendungs-Kosmos machen könne. Das ist zwar schön, löst aber das Problem in keiner Weise.
Lass‘ Dich also nicht beirren: Es gibt Anbieter, die das können und für die solltest Du Dich entscheiden.
2.) QM-Ordner, der Sinn macht
Der QM – Ordner ist in vielen Praxen ein lästiges, aber notwendiges Übel. Kaum jemand schaut hinein, aber die Mitarbeiterin (QM-Beauftragte), die dafür zuständig ist, benötigt endlose Stunden um alles up to date zu halten.
So gibt es inzwischen viele Anbieter, die digitale QM-Systeme anbieten. Teilweise nicht gerade billig, aber manche davon wirklich super gemacht. Der Haken ist aber immer der gleiche: Es ist deren System und Du musst Dich damit arrangieren und anpassen. Am Ende des Tages ist es keine Einsparung von bürokratischem Aufwand, sondern nur eine Veränderung des Aufwands.
Mein Vorschlag heißt „Digitales Praxishandbuch“, das kostet gar nichts, macht keinen zusätzlichen Aufwand und hat echten Praxisnutzen.
Eine Word-Datei auf deinem Praxis-Server bzw. in Deiner Cloud, auf die jeder Mitarbeiter von jedem Arbeitsplatz Zugriff hat. Darin werden alle vereinbarten Zuständigkeiten, Abläufe und Prozesse sowie alles, was beim Teammeeting beschlossen wird, eingetragen. Somit ist jederzeit für jeden klar ist, was er wie zu tun hat. Du kannst Fotos und Videos einpflegen, um zu vermitteln, wie in deiner Praxis Abläufe organisiert sind. Neue Mitarbeiterinnen können sich bereits vor Arbeitsbeginn einlesen und bekommen so einen Eindruck, wie in der Praxis gearbeitet wird.
Kurzum: Das digitale Praxishandbuch ist für jeden Mitarbeiter jederzeit verfügbar und dank der integrierten Suchfunktion erhält jederzeit an jedem Ort die gewünschte Information. Zusätzlich vereinfachst und verbesserst Du damit das Onboarding neuer Mitarbeiter, was wieder Zeit und somit auch Geld spart.
3.) Sprechen statt Schreiben führt zu mehr Freizeit
Zu den großen Zeitfressern für Mediziner gehören Arztberichte, Auskünfte an Krankenkassen und deren Medizinischen Dienst sowie diverse andere Schreibarbeiten.
Wie lässt sich dies optimieren?
Sicherlich kennst Du die Spracherkennungsfunktion von Microsoft Word, die in der aktuellen Version bereits ordentliche Ergebnisse in vertretbarer Zeit produziert.
Natürlich geht das auch deutlich schneller, wenn man sich einer Spezialsoftware bedient. Sicher ist Word sowie fast alle anderen Softwarelösungen mit medizinischem Fachvokabular komplett überfordert.
Auf dem deutschen Markt gibt es meines Wissens nur einen einzigen Anbieter, der in der Lage ist, medizinische Texte sauber zu transkribieren: Die Firma Nuance mit Ihrem Programm Medical One.
In einer Studie der Uniklinik Düsseldorf zur Beschreibung der Auswirkungen von automatischer Spracherkennung auf den Prozess der medizinischen Dokumentation, wurde eine 26% höhere Dokumentationsgeschwindigkeit als bei normaler Texteingabe per Tastatur belegt.
Du kannst mit dieser Software nicht nur Briefe schreiben sondern direkt in die elektronische Patientenakte Deiner Praxissoftware diktieren. Mithilfe von Sprachbefehlen kannst Du schnell zwischen den Feldern in Deinem Praxisinformationssystem wechseln, ohne auch nur einen Finger rühren zu müssen. Das spart also auch bei der Dokumentation Zeit und erhöht Deine Effizienz.
Und wenn wir alles zusammenzählen, reden wir am Ende des Tages über einen Zeitgewinn von mindestens 1 Stunde pro Woche.
Das sind 40 Stunden pro Jahr – also eine komplette Arbeitswoche!
Fazit:
Allein nur diese 3 Tipps umzusetzen bringt Dir und Deinem Team 110 Stunden mehr Freizeit und zusätzlich eine höhere Mitarbeitereffizienz, Dank des gelebten QMs.