[54] – Wann macht es wirtschaftlich Sinn einen weiteren Arzt in deiner Praxis einzustellen?
Wann macht es wirtschaftlich Sinn einen weiteren Arzt in deiner Praxis einzustellen?
In der ambulanten Versorgung findet ein Strukturwandel statt. Die Anzahl niedergelassener Vertragsärztinnen und Vertragsärzte geht kontinuierlich zurück, während der Anteil angestellter Ärztinnen und Ärzte kontinuierlich ansteigt. Ende 2022 hatten bereits etwa 30 Prozent der Ärztinnen und Ärzte in der ambulanten Versorgung einen Angestelltenstatus.
Wenn Du als Praxisinhaber mit dem Gedanken spielst eine Kollegin oder einen Kollegen in Deiner Praxis anzustellen, stehst Du vor immer wieder unterschätzten Herausforderungen. Die Leser unseres Blogs, die bereits mit angestellten Ärzten arbeiten, wissen, wovon ich rede.
Da ist einerseits die Frage nach fairer und angemessener Entlohnung und andererseits die Frage wann und wie es sich für deine Praxis rechnet. Hier erfahren wir immer wieder, dass es sich oftmals nicht rechnet. Wie kann die Entwicklung der eigenen Praxis mit Hilfe angestellter Ärzte wirklich Fahrt aufnehmen?.
Hier erfährst Du was es zu bedenken gibt und wie Du strategisch vorgehen solltest.
Wenn Praxisinhaber über die Anstellung von Kollegen nachdenken, wünschen sie sich dadurch mehr Zeit für die Familie und mehr Flexibilität im Arbeitsalltag. Außerdem behandelt es sich zu zweit einfach leichter und es macht mehr Freude, wenn man sich versteht.
Soweit der Plan, wie sieht die Praxis aus?
Der Patienten – Durchsatz und auch der Selbstzahlerumsatz des angestellten Arztes liegt in der Regel deutlich unter dem des Praxisinhabers. So erreichen angestellte Ärzte in den seltensten Fällen den Honorarstundenumsatz des Inhabers.
Das lässt sich durch leistungsorientierte Verträge und offenen Austausch bezüglich der gegenseitigen Erwartungen an die Zusammenarbeit im Vorfeld klären.
Wenn über ein sauberes Kennzahlenmanagement mindestens monatlich die Aktivitäten der Beteiligten diskutiert und korrigiert werden, spricht nichts gegen eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit.
Fehlt jedoch nur ein einziger der erwähnten Erfolgsfaktoren, wird’s meist schnell schwierig.
Leider liegen in der Regel die Ausfallzeiten von angestellten Ärzten deutlich höher als die des Praxisinhaber. Der Hintergrund ist ganz einfach:
Die meisten angestellten Mediziner im ambulanten Bereich sind Frauen. Viele davon möchten aufgrund Ihrer Familiensituation nur Teilzeit arbeiten. Kleine Kinder zu versorgen bedingt höhere Ausfallzeiten und so fällt Mama öfter aus.
Dies sollte bei der Einstellung im Vorfeld realistisch in die Kalkulation einfließen, damit daraus später kein Konflikt entsteht.
Bedenke bei der Anstellung eines Kollegen die unterschiedlichen Szenarien, die sich aus meist familiären Konstellationen ergeben können und welchen Einfluss diese auf deinen Praxisablauf nehmen.
Konkret in Zahlen betrachtet:
Wie schon in verschiedenen Blogs beschrieben, liegt der durchschnittliche Honorarstundenumsatz bei aktuell rund 300 € pro Behandler, was einem Jahresumsatz von etwa 460.000 € entspricht. Bei angestellten Ärzten stoßen wir allerdings immer wieder auf Zahlen die deutlich unter 100 € pro Stunde liegen.
Bedenkt man, dass die Durchschnittspraxis einen Kostensatz von ca. 50% hat, liegt der Rohertrag für die Praxis selbst bei 100 € Stundenumsatz, bei gerade mal 50 €.
Wenn dieser angestellte Arzt nun ein Bruttogehalt von 50 € pro Stunde hat, dann entspricht das inkl. aller Nebenkosten, Urlaubs- und Ausfallzeiten rund 84 € pro Behandlungsstunde.
Das ist eindeutig ein Zusatzgeschäft und rechnet sich nicht.
So sollte dein angestellter Arzt mindestens 200 € Honorar-Stundenumsatz erwirtschaften, damit Du nicht wirtschaftlich zusetzen musst.
Hier nochmal die Rechnung dazu:
200 € Stundenumsatz ergibt bei 50% Kostenquote 100 € Rohertrag für die Praxis.
50 € Bruttogehalt entspricht etwa 84€ Gesamt-Personalkosten pro Behandlungs-stunde.
Bei 100 € Rohertrag minus 84 € Personalkosten bleiben 16 € Reinerlös – nur krank werden darf dein angestellter Behandler nicht so häufig, dann geht die Rechnung nicht auf.
Ein angestellter Arzt, der sich vorab um die Unterbringung und Versorgung seiner Kinder im Krankheitsfall gekümmert hat, erwirtschaftet einen höheren Umsatz als derjenige, bei dem das nicht der Fall ist. Sicher kann man für diese Fälle eine entsprechende Bonusvereinbarung treffen.
Ein weiteres Modell besteht häufig in die Überlegung, die eigene Praxis durch Zukauf zu vergrößern und den dortigen Sitz mit einem angestellten Arzt zu besetzen. Oft werden hier vermeintlich günstige Gelegenheiten genutzt.
Meiner Erfahrung nach ist das nicht empfehlenswert.
Denn zu all den bereits beschriebenen Herausforderungen, die es mit angestellten Ärzten zu meistern gilt, gesellen sich nun zusätzliche Probleme.
Der oder die Kollegen, die in dieser Satelliten-Praxis arbeiten, sind dort auf sich gestellt. Kein motivierendes Wort des Chefs, kein Erfahrungsaustausch auf dem Flur, keine Tipps und Anregungen zwischen Tür und Angel.
Dazu kommen die Sorgen und Nöte des Praxisteams auf den dort agierenden angestellten Arzt zu. Dieser hat oft kein wirkliches Interesse an Führung und Coaching.
Dieses Modell funktioniert einfach nicht, dass haben inzwischen auch die ganzen Investoren festgestellt, die im großen Stil Zahnarztpraxen aufgekauft haben und nun vor einem wirtschaftlichen Desaster stehen.
Wenn Du wachsen willst, dann optimiere zuerst deine derzeitige Praxis. Erst wenn Du selbst einen Stundenumsatz von mindestens 50 %, besser 100% über dem durchschnittlichen Honorarstundenumsatz deiner Fachgruppe erreicht hast und dein Team stabil ist solltest Du an Expansion denken.
Wenn Deine Praxisräume keinen ausreichenden Platz für einen Kollegen im Parallelbetrieb bieten, gilt es neben einem weiteren Sitz, den Du übernehmen kannst, passende Praxisräume zu finden. Diese sollten nicht nur genügend Platz für die anstehende Expansion bieten, sondern auch entsprechende Platzreserven für die folgenden Schritte vorhalten.
Grundsätzlich gilt: Bei Praxisgrößen bis 5 Behandler erreichst Du die höchste Effizienz, wenn alle Mitarbeiter an einem Ort arbeiten.
Hoffentlich konnte ich die Faktoren, die zur wirtschaftlichen Rentabilität angestellter Ärzte führen, klären. Wenn Du noch Fragen hast oder Dir Unterstützung wünscht, ruf mich an oder schicke mir eine E-Mail.