[7] Personal behalten – Teil 2

Personalbindung: 3 weitere Maßnahmen, um deine Mitarbeiter an deine Praxis zu binden

(Reihe: Personal gewinnen und behalten)

Wie bereits im letzten Beitrag geschrieben, ist es wirklich nicht leicht, kompetentes Personal für deine Praxis zu finden. Umso wichtiger ist es darum, deine wirklich kompetenten Mitarbeiter in deiner Praxis zu halten! In diesem Beitrag setzen wir das Thema Personalbindung aus dem letzten Artikel fort und zeigen dir drei weitere Maßnahmen, um deine Mitarbeiter an deine Praxis zu binden.

Dieser Beitrag ist der letzte Artikel in unserer Reihe „Personal gewinnen und behalten“. In den ersten Beiträgen ging es darum, wie du passende Bewerbungen generierst, worauf du bei der Personalauswahl achten solltest und wie du deine Mitarbeiter mit einer leistungsgerechten Bezahlung motivierst und an dich bindest. Im letzten und diesen Artikel konzentrieren wir uns auf Strategien, mit denen du deine Mitarbeiter an deine Praxis bindest.

 

 

1. Identifikation mit deiner Praxis

Wie klar bist du positioniert und wissen deine Mitarbeiter, wofür du stehst? Hast du klare Werte? Kennt diese Werte jede Person, die in deiner Praxis arbeitet? Und überprüfst du in den Vorstellungsgesprächen auf irgendeine Art und Weise, ob die Bewerber zu diesen Werten passen?

Falls du diese Fragen mit „Nein“ beantwortet hast, wollen wir dir wirklich ans Herz legen, dich mit dem Thema Positionierung zu beschäftigen. Denn ohne eine klare Positionierung ist deine Praxis als Arbeitgeber austauschbar. Wieso sollte eine wirklich kompetente MFA/ZFA, die jeden Job haben kann, in deiner Praxis arbeiten – wenn diese Praxis ihr nichts gibt, womit sie sich identifizieren kann?

 

Beispiel: Klare Positionierung

 

Ein wunderbares Beispiel für eine klare Positionierung ist eine orthopädische Praxis, die wir betreuen. Die Praxis, der Arzt und das gesamte Team stehen für ein Anliegen: Sie gehen gegen Rückenschmerzen vor, die Volkskrankheit Nummer eins in Deutschland.

Der Orthopäde weiß – und du weißt das sicherlich auch – dass die meisten Menschen Rückenschmerzen haben, weil sie sich falsch ernähren und zu wenig bewegen. Der Arzt selbst ist aber sehr sportlich, sehr aktiv und brennt dafür, Menschen in die Bewegung zu bringen! Genau das sind seine Werte und das merkt man in jeder Ecke seiner Praxis.

Es fängt an beim Slogan „Wir sorgen für Bewegung“ und geht bis zu den Team-Events. Diese sind immer sehr aktiv mit Fahrradtouren oder richtig langen Wanderungen. Und das ganze Team ist begeistert dabei, da sie alle sehr sportlich sind und sich gerne bewegen. Sie können sich mit der Positionierung der Praxis vollkommen identifizieren.

Eine unsportliche Person würde niemals auf die Idee kommen, in dieser Praxis zu arbeiten. Und das ist auch gut so: Denn sie würde gar nicht in das Team passen und die Praxis nach kurzer Zeit wieder verlassen, da sie mit den Werten nichts anfangen kann.

Die anderen Mitarbeiter aber fühlen sich durch und durch wohl. Da sie sich mit den Werten identifizieren und sehen, dass auch der Arzt diese wirklich lebt. Es reicht nämlich nicht aus, sich einen schönen Slogan auszudenken: Wenn du möchtest, dass deine Mitarbeiter sich dir und deiner Praxis verbunden fühlen, dann musst auch du das leben, was du sagst.

Veränderungen kommunizieren

Bei der Identifikation mit der Praxis ist nicht nur die Gegenwart wichtig, sondern vor allem auch die Zukunft. Um sich mit deiner Praxis wirklich zu identifizieren, wollen deine Mitarbeiter wissen, wie die Zukunft der Praxis aussieht.

Hier spielt Kommunikation eine große Rolle: Ein Baustein einer leistungsgerechten Bezahlung (hier erfährst du mehr darüber) ist das Praxisjahresziel; ein Ziel, an dem das gesamte Praxisteam gemeinsam arbeitet. Das kannst du wunderbar nutzen, um über die Zukunft der Praxis zu sprechen und deine Mitarbeiter in den Prozess einzubinden.

Denn stell dir mal vor, du hast eine kleine Praxis mit ein paar Mitarbeitern. Deine Mitarbeiter sind gerne bei dir, weil sie sich in dieser familiären Atmosphäre sehr wohlfühlen. Du selbst planst aber, dass deine Praxis jedes Jahr wachsen soll: Du willst neue Mitarbeiter einstellen, um der steigenden Zahl an Patienten gerecht zu werden und mehr Menschen zu helfen.

Wenn du darüber nicht offen mit deinen bestehenden Mitarbeitern sprichst und sie in diese Zielsetzung einbindest, kann es schnell passieren, dass du sie verlierst, da sie sich mit der größeren Praxis nicht mehr identifizieren können. Anstatt zu wachsen, ersetzt du dann nur deine bestehenden, kompetenten Mitarbeiter durch neue Mitarbeiter, die du erst einlernen musst.

Nimmst du deine bestehenden Mitarbeiter aber mit und unterhältst dich mit ihnen darüber, wie die Praxis in drei, fünf oder zehn Jahren aussieht, dann können sie Teil dieser Veränderung sein. Sie identifizieren sich mit den Zielen, die du für die Praxis hast und unterstützen dich dabei, diese zu erreichen.

 

2. Einkommen

Wirklich entscheidend für die Personalbindung sind die emotionalen Themen: Das Team, die Kommunikation, die persönliche Entwicklung und die Identifikation. Alle Themen, über die wir im letzten Beitrag und in diesem bisher gesprochen haben. Geld dagegen ist ein Kopfthema.

Sachliche und emotionale Anreize

Wenn diese emotionalen Themen nicht stimmen, dann kannst du ein gutes Gehalt zahlen, und wirst deine Mitarbeiter über kurz oder lang trotzdem verlieren.

Die meisten Mitarbeiter sind bei einem gewissen Gehalt dazu bereit, einiges zu akzeptieren. Doch es kommt immer der Punkt, an dem sie emotional nicht mehr dazu bereit sind, weiterzumachen – egal, wie hoch ihr Gehalt ist. Abgesehen davon, dass es auch absolut unwirtschaftlich wäre, ein sehr hohes Gehalt zu zahlen, nur um fehlende emotionale Personalbindung auszugleichen.

Gehen wir aber einfach mal davon aus, dass die emotionalen Themen stimmen. Dann brauchst du im nächsten Schritt ein faires Gehalt: Denn ein guter Mitarbeiter bleibt für ein hohes Gehalt nicht langfristig in einer Praxis, in der er sich nicht wohlfühlt. Aber ein guter Mitarbeiter bleibt auch nicht langfristig in deiner Praxis, wenn er sich zwar wohlfühlt, aber nicht gut bezahlt wird. Die beiden Themen müssen sich die Waage halten, um dein Personal wirklich zu binden.

Ein marktangepasstes Einkommen

Wenn es um das Gehalt geht, sind immer zwei Perspektiven wichtig: Der externe Vergleich und der interne Vergleich.

Das Gehalt deiner Mitarbeiter muss erst einmal zum Markt passen. Mit „Markt“ meinen wir an dieser Stelle nicht den bundesweiten Durchschnitt, sondern den Vergleich mit den Gehältern vor Ort. Was verdient eine vergleichbare MFA/ZFA in einer vergleichbaren Praxis in der Nachbarschaft? Das muss zusammenpassen.

Einen leichten Unterschied in den Gehältern, z.B. 100 Euro mehr oder weniger, werden die meisten Angestellten akzeptieren. Niemand, der sich in einer Praxis wohlfühlt, wird wegen 100 Euro brutto den Arbeitgeber wechseln. Aber eine monatliche Differenz von 1.000 oder auch 500 Euro pro Monat macht schon einen Unterschied: Gerade bei jungen Frauen, die dabei sind, sich ihr Leben aufzubauen – was auf viele MFA und ZFA ja zutrifft.

Ein leistungsgerechtes Einkommen

Die zweite Perspektive ist der interne Vergleich. Denn deine Mitarbeiter wissen mit Sicherheit, wie viel ihre Kollegen verdient. Und hier sind wir wieder beim Thema leistungsgerechte Bezahlung.

 

Eine detaillierte Erklärung des Bezahlsystems findest du in diesem Beitrag. Kurz zusammengefasst, besteht es aus vier Teilen:

  • Ein fixes Grundgehalt basierend auf Tarif, Arbeitserfahrung und Qualifikation.
  • Ein variabler Bonus basierend auf einem persönlichen Jahresziel, das jeder Mitarbeiter verfolgt.
  • Ein weiterer variabler Bonus basierend auf einem Praxisjahresziel, an dem die gesamte Praxis gemeinsam arbeitet.
  • Und ein dritter variabler Bonus basierend auf einer jährlichen Mitarbeiterbeurteilung, in der du die Leistung deines Mitarbeiters anhand von festgelegten Kriterien beurteilst.

 

Durch diese drei variablen Boni haben alle Mitarbeiter es selbst in der Hand, wie hoch ihr Gehalt am Ende des Jahres ausfällt. Und auch untereinander – also im internen Vergleich, um den es gerade geht – kann es nicht zu Unstimmigkeiten kommen, denn jeder weiß, wie das Bezahlungssystem funktioniert und was zu tun ist, um das eigene Gehalt zu verbessern.

 

3. Ideelle Mitunternehmerschaft

In vielen Arztpraxen herrscht ein unklares Bild darüber, welchen Umsatz und vor allem welchen Gewinn die Praxis erwirtschaftet. Denn in der Regel – vielleicht trifft das auch auf dich zu – sprechen die Ärzte darüber mit ihren Angestellten nicht.

Nun ist es aber so, dass jeder Mensch sich die Statistiken beim Statistischen Bundesamt herunterladen und grundlegend erkennen kann, in welche Kategorie deine Praxis fällt. Natürlich sind die Zahlen bei diesem Durchschnitt nicht genau gleich, wie in deiner Praxis – aber dennoch haben deine Mitarbeiter dann eine Zahl vor Augen.

 

Fehlende Transparenz führt zu Unzufriedenheit

Das Problem ist, dass ihnen in der Regel das Hintergrundwissen fehlt, um diese Zahl korrekt einzuordnen. Sie vergleichen dann ihr Jahresnettogehalt mit deinem vermeintlichen Gewinn. Dies führt schnell zu einer Unzufriedenheit und dem Gefühl, dass sie für die Arbeit, die sie leisten, in Relation nicht fair bezahlt werden. Es entsteht schnell das Bild des bösen Arbeitgebers, der seine Arbeitnehmer ausbeutet und sich selbst die Taschen vollmacht.

Wir wissen, dass das in den meisten Fällen nicht so ist. Aber wie kannst du das auch deinem Praxispersonal verständlich machen und so diese Unzufriedenheit vermeiden?

Unser Rat ist: Sprich offen mit ihnen darüber. Du musst ja nicht deine gesamte BWA offenlegen – das wäre für deine Angestellten, die sich mit diesen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen nicht auskennen, vielleicht sowieso zu viel.

Aber du könntest basierend auf der BWA einen eigenen Bericht erstellen, in dem du alle Positionen der Praxis, inklusive deines festgelegten Gehalts, auflistest. Und so erklärst du ganz verständlich, was nach Abzug aller Kosten wirklich vom Umsatz übrigbleibt.

Die höchste Stufe der Personalbindung

Was daraufhin folgt, ist in unseren Augen, die höchste Stufe der Personalbindung: Wir nennen das ideelle Mitunternehmerschaft und es bedeutet ganz einfach, dass du mit deinen Mitarbeitern so sprichst, als wären sie selbst Mitunternehmer.

Deine Mitarbeiter kennen durch diese Transparenz die finanzielle Lage der Praxis und so kannst du sie auch in finanzielle Entscheidungen einbinden. Zum Beispiel, wenn es um eine größere Anschaffung geht: Ihr könnt gemeinsam im Team entscheiden, ob diese Anschaffung getätigt werden soll oder nicht.

Ist diese Anschaffung wirklich nötig? Ist sie wirklich jetzt nötig? Was versprecht ihr euch von der Anschaffung und wird sie sich langfristig vielleicht sogar positiv auf Umsatz und Gewinn auswirken?

Das ist die höchste Stufe der Personalbindung, weil es die höchste Stufe der Identifikation ist, die ein Mitarbeiter erreichen kann. Wer würde sich wohl mehr mit deiner Praxis identifizieren und sich zugehörig fühlen als ein Mitarbeiter, der die betrieblichen Zahlen kennt und mitentscheiden darf, wann und in welchem Rahmen Investitionen getätigt werden?