[8] Optimierung der medizinischen Versorgung durch IGeL-Leistungen

Optimierung der medizinischen Versorgung durch IGeL-Leistungen

IGeL-Leistungen sind – als Arzt weißt du das natürlich – individuelle Gesundheitsleistungen, die grundsätzlich von den Patienten selbst bezahlt werden müssen. Denn sie werden von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht abgedeckt.

Unser Geschäftsführungsmitglied Wolfgang Apel hat in den letzten 15 Jahren, in denen er unterschiedliche Arztpraxen begleitet hat, wenig Themen kennengelernt, die umstrittener sind als IGeL-Leistungen. Einige Mediziner halten sie für völligen Betrug, andere für reine Geldmacherei und wiederum andere für sinnvolle Vorsorgemaßnahmen.

Dieser Artikel ist für dich interessant, wenn du zur letzten Kategorie gehörst. Wenn es in deinen Augen Selbstzahlerleistungen gibt, die sinnvoll sind und bei denen du dich freuen würdest, wenn mehr Menschen diese Leistungen in Anspruch nehmen würden.

Beispiele für IGeL-Leistungen

 

IGeL-Leistungen, über die wir in diesem Beitrag sprechen, können Vorsorgeuntersuchungen sein, um Krankheiten frühzeitig zu erkennen. Wie zum Beispiel das OCT beim Augenarzt, um Sehnerv-Schädigungen in einem extrem frühen Stadium festzustellen. Oder ein PSA-Test beim Urologen zur Früherkennung von Prostatakrebs.

Es können aber auch fortschrittliche Methoden und Techniken sein, die wirken, aber einfach von der gesetzlichen Krankenkasse noch nicht anerkannt sind. Beispielsweise hat ein Orthopäde ein Gerät entwickelt, das nach einem Bandscheibenvorfall hilft, die kleinere Rückenmuskulatur wieder aufzubauen. Es gibt bereits Studien, die die Wirksamkeit des Geräts belegen. Natürlich heilt es nicht alles – es gibt fast nichts, was alles heilt. Aber es ist dennoch eine unfassbare Entwicklung in diesem Gebiet, die vielen Menschen helfen könnte. Jedoch wird sie von den Krankenkassen noch nicht getragen.

1. Vorteile von IGeL-Leistungen

In diesem Artikel geht es darum, wie die grundlegende medizinische Versorgung deiner Patienten durch IGeL-Leistungen optimiert werden kann. Denn du bist aller Wahrscheinlichkeit nach Mediziner geworden, um zu heilen und zu helfen. Und dazu gehört es doch auch, deine Patienten auf zusätzliche Leistungen aufmerksam zu machen, die ihr Wohlbefinden und ihre Lebensqualität verbessern. Oder eben auf zusätzliche Leistungen, die ihr Risiko minimieren, eine schwere Krankheit zu spät zu erkennen.

Natürlich wirken sich mehr IGeL-Leistungen auch positiv auf den Umsatz deiner Praxis aus. Es geht aber ganz klar nicht darum, jemanden etwas aufzuschwatzen, sondern es deinen Patienten zu ermöglichen, eine informierte Entscheidung zu treffen. Und du rätst deinen Patienten ja auch nur zu den Leistungen, die du für sie als sinnvoll erachtest.

2. Wieso IGeL-Leistungen selten in Anspruch genommen werden

Wie kann es sein, dass es bestimmte IGeL-Leistungen gibt, von denen du voll und ganz überzeugt bist – und trotzdem werden sie nur von einem Bruchteil deiner Patienten in Anspruch genommen?

Es gibt eine Umfrage, die jedes Jahr den glaubwürdigsten Beruf ermittelt. Vielleicht kennst du das Ergebnis schon: Denn auf Platz 1 steht jedes Jahr unangefochten der Arzt. Das bedeutet, die Menschen – deine Patienten – vertrauen dir und deinem Urteil extrem. Und dennoch machen sie etwas nicht, das du aus echter Überzeugung und gutem Herzen für sinnvoll hältst. Wieso ist das so?

Das Geheimnis liegt in der Kommunikation.

3. Die Kommunikation erreicht die Patienten nicht

Der durchschnittliche Bürger hat keine Ahnung von Medizin. Und die meisten Menschen befinden sich während dem Arztbesuch in einer Stresssituation. Es gibt Studien, die belegen, dass Menschen während sie beim Arzt im Zimmer sind, einen erhöhten Puls haben. Denn sie bewegen sich in einem Umfeld, von dem sie keine Ahnung haben und das sie nur schwer einschätzen können.

Und nun redet der Arzt über etwas – über eine Krankheit, über eine Heilmethode oder über eine eventuelle Vorsorgemöglichkeit – von der der Patient noch nie in seinem Leben gehört hat. Aus der Perspektive des Arztes, hat er die Leistung sicherlich ganz verständlich erklärt. Aber das ist subjektiv. Aus Erfahrung können wir sagen, dass die meisten Menschen nicht verstehen, was ihnen ein Arzt gerade erzählt – oder es zumindest nicht ganz verstehen!

Ein einfacher Test

 

Wenn du dir nicht sicher bist, wie es um deine Kommunikation steht, kannst du mal einen ganz einfachen Test machen: Nimm dich selbst dabei auf, wie du eine IGeL-Leistung erklärst und spiel das dann deinem Partner, einem Freund oder irgendeinem Bekannten vor, der nicht selbst Arzt ist. Dieser soll dir dann ganz ehrlich sagen, ob er verstanden hat, worum es geht.

Vielleicht gehörst du zu den wenigen Ärzten, die sehr gut erklären können – basierend auf unserer Erfahrung gehen wir aber davon aus, dass viele, die diesen Beitrag lesen, ihre Kommunikation noch optimieren können.

Es ist aber auch eine schwierige Situation! Wie gesagt: Der Patient ist sowieso angespannt, kennt sich nicht aus und die meisten medizinischen Themen sind nicht so einfach zu erklären. Das heißt, die Grundsituation, in der der Patient verstehen kann, worum es geht und Vertrauen aufbauen kann, ist gar nicht gegeben.

4. Patienten wollen kein Geld ausgeben – wirklich?

Wir können es gut verstehen, dass viele Ärzte – vielleicht geht es dir genauso – frustriert sind. Denn ihr gebt euch die größte Mühe und erklärt die Leistungen, doch am Ende geht es oft so aus: Der Patient antwortet, dass das zwar sehr interessant ist, aber dass er dafür gerade kein Geld hat. Das ist ein beliebtes Argument, denn gegen dieses Argument kann man nichts einwenden. Somit wahrt der Patient sein Gesicht und muss nicht zugeben, dass er eigentlich gar nicht richtig verstanden hat, worum es in der Vorsorgeleistung geht.

Zeitgleich ist dieses Argument in unseren Augen auch der größte Unfug. Denn wir sprechen hier heute nicht über ganz teure Maßnahmen, sondern über Vorsorgeleistungen, die sich in einem angemessenen Rahmen bewegen.

Die dafür aber einen hohen Gegenwert haben: Wir sprechen hier zum Beispiel über Krebsvorsorge – über die Möglichkeit, einen Krebs frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, bevor es zu spät ist. Oder über Verfahren, zum Beispiel bei Sehnenverletzung oder Degeneration der Sehnen, die die Lebensqualität deines Patienten drastisch steigern werden.

In den meisten Fällen ist es so, dass das Geld, das für diese Maßnahmen nötig wäre, sehr wohl vorhanden ist. Aber der Patient hat einfach nicht richtig verstanden, worum es geht und welche Möglichkeiten ihm diese zusätzliche Leistung bieten würde. Er ist aber nur bereit für etwas Geld auszugeben, das er auch versteht.

Umfrage des EMNID-Instituts zur Haltung der Bevölkerung zu Selbstzahlerleistungen

 

In einer von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung beauftragten repräsentativen Umfrage des EMNID-Instituts wurde die Haltung der Bevölkerung zu Selbstzahlerleistungen untersucht.

Dabei wurde festgestellt, dass 85% der Befragten von ihrem Arzt über sinnvolle medizinische Leistungsangebote informiert werden wollen, auch wenn diese Leistungen nicht von der Kasse bezahlt werden.

Und ein ähnlich hoher Prozentsatz von 77% ist bereit, vom Arzt empfohlene Gesundheitsleistungen privat zu bezahlen. Diese Bereitschaft steigt auf 86% bei den Befragten mit einem Haushaltseinkommen von mehr als 2.500€ im Monat.

Es liegt also nicht am Geld, sondern daran, dass es den Menschen gut erklärt werden muss und zwar in einer Situation, in der sie sich darauf einlassen können. Und die ist, wie gesagt, nicht beim Arzt im Zimmer.

5. Die Lösung: Einfach und anschaulich

Vielleicht erinnerst du dich an die Sendung mit der Maus – oder vielleicht schauen deine Kinder die Sendung gerne. Die Sendung mit der Maus schafft etwas, das nur wenige Formate schaffen: Sie vermittelt schwierige Inhalte so, dass jeder sie versteht.

Das gelingt einerseits, weil sie es sehr, sehr einfach erklären. Und andererseits, weil sie zusätzlich einen Film dazu bieten, der das Gesagte bildlich darstellt. Zudem läuft die Sendung mit der Maus zur perfekten Uhrzeit: Nämlich sonntags um halb zwölf, wenn die Mutter gerade das Mittagessen zubereitet und die Kinder bequem vor dem Fernseher parken kann.

Unser Vorschlag lautet: Machen wir doch genau das gleiche. Erklären wir deinen Patienten die medizinischen Zusatzleistungen so einfach, wie die Sendung mit der Maus es tun würde. Und zwar zu einem Zeitpunkt, an dem der Patient bereit ist, diese Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten.

Das Beste an der Sache ist: Diese Erklär-Filme musst du für deine Arztpraxis nicht einmal selbst produzieren. Es gibt bereits zig andere, die diese Arbeit für dich übernommen haben und deren Filme du für einen geringen Beitrag nutzen kannst.

6. Wie zeigst du deinen Patienten die Filme?

Es gibt einen Weg, der sehr bekannt ist, aber von dem wir dir direkt abraten möchten. Das ist der Monitor, der vor circa 15 Jahren in vielen Wartezimmern aufgehängt wurde. Was damals der neueste Trend war, ist heute rausgeschmissenes Geld.

Denn was machen die meisten Patienten, während sie im Wartezimmer sitzen, wirklich? Die meisten von sind an ihren Handys. Und genau das können wir nutzen: Während der Patient im Wartezimmer sitzt, kriegt er den Erklär-Film direkt auf sein Handy geschickt. Und da schaut er ihn sich auch an, denn im Wartezimmer hat er ja sowieso nichts anderes zu tun.

7. Was du bei den Filmen beachten solltest

Wichtig ist, dass der Film keinen Ton hat. Denn die wenigsten Menschen sind dazu bereit, in einem Wartezimmer (wenn vielleicht noch andere Leute dabei sind), ein Video mit Ton anzuhören. Stattdessen brauchen sie einen Untertitel, der schön langsam durchläuft, so dass jeder den Text in Ruhe lesen und verarbeiten kann.

Beispiel: Die PZR-Rate steigern

 

Nehmen wir als Beispiel mal die PZR, die professionelle Zahnreinigung, zu der die meisten Zahnärzte ihren Patienten raten würden. Trotzdem ist der Anteil der Patienten, die regelmäßig eine PZR in Anspruch nehmen, sehr gering.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder der Arzt oder eine Arzthelferin erklärt dem Patienten, wie wichtig eine PZR ist. Dann versteht dieser gar nicht richtig, was das bringen soll, und fühlt sich vielleicht noch angegriffen, da er denkt, dass der Arzt ihm durch die Blume sagen will, dass er seine Zähne nicht gut genug putzt. Auch wenn das nicht die Absicht war, kann es in der besagten Stresssituation, in der der Patient sich befindet, so verstanden werden.

Die andere Alternative ist: Während der Patient im Wartezimmer wartet, schaut er sich einen kurzen Film an. In diesem wird erklärt, dass egal wie gut er sich die Zähne putzt, sich Bakterien an den Stellen sammeln, an die die Zahnbürste beim besten Putzen nicht hinkommt. Bis er zum Zahnarzt geht, weil er Zahnschmerzen hat, ist es meistens zu spät. Es muss gebohrt oder schlimmstenfalls der Zahn gezogen werden.

Eine PZR aber kann an genau diesen Stellen reinigen, die er selbst nicht richtig putzen kann. Deshalb gehen alle Menschen, denen ihre Zahngesundheit wichtig ist, alle 6 Monate zur PZR und lassen ihre Zähne von möglichen Bakterien befreien.

Das ist nicht nur gesünder, sondern auch billiger – denn die Behandlung eines von Karies befallenen Zahns und die entsprechende Füllung kostet ein Vielfaches einer PZR. Und diese tut, im Gegensatz zum Bohren, auch nicht weh.

Das wird alles in zwei bis drei Minuten erklärt, so dass es den Patienten nicht verärgert, da er sich nicht persönlich angegriffen fühlt. Er kann alle Informationen auf dem Handy-Bildschirm sehen – mit Bildern und Statistiken – und kann alles nachvollziehen.

Er geht ganz normal in seine anstehende Zahnbehandlung und danach spricht ihn die Arzthelferin darauf an, dass die letzte PZR ja schon etwas länger her ist. Sie erklärt in einem Satz, dass es wichtig wäre, das regelmäßig zu machen und bietet an, direkt einen Termin zu vereinbaren.

Und jetzt, weil er davor den Film gesehen hat, kann der Patient mit diesem einen Satz etwas anfangen. Er weiß sofort was eine PZR ist, wieso sie wichtig ist und dass es nicht an ihm liegt, dass ihm zu dieser geraten wird.

8. Wie der Film auf das Handy kommt

Nun fragst du dich vielleicht: Okay, der Patient soll den Film auf seinem Handy schauen. Aber wie kommt der Erklär-Film überhaupt auf das Handy? Da gibt es verschiedene Wege.

Der klassische Weg ist ein QR-Code. Diesen kann der Patient einscannen und schon hat er den Film. Besser ist es aber, direkt den digitalen Weg zu gehen.

Vielleicht sind viele Prozesse in deiner Arztpraxis sowieso schon digitalisiert oder du bist gerade dabei, die Prozesse umzustellen. Vielleicht nutzt du schon einen digitalen Anamnesebogen oder bietest die Möglichkeit, online einen Termin zu buchen. Diese digitalen Mittel können wir einfach noch um eine Komponente erweitern.

Stell dir vor, jemand bucht online einen Termin in deiner Praxis. Zusammen mit der Bestätigung des Termins erhält er direkt einen digitalen Anamnesebogen. Dieser wurde zudem um ein paar Fragen ergänzt.

Beispiel: Fragebogen in der Orthopädie

 

Ein Orthopäde könnte zum Beispiel fragen:

  • Haben Sie häufig Gelenkschmerzen?
  • Und wenn ja: Angenommen es gäbe die Möglichkeit, Sie mit einer einfachen Therapie davon zu befreien, wäre das interessant für Sie?

 

Klickt der Patient dann wieder „ja“, erscheint im nächsten Schritt ein Film, in dem die Hyaluron-Therapie erklärt wird.

Diesen Film kann der Patient sich zu Hause ganz in Ruhe und so oft er möchte anschauen und ist so bestens über die mögliche Therapie informiert.

Bevor er in deine Praxis kommt, schickt er den Anamnesebogen an dich zurück. So weißt du, dass er grundlegend an dieser Therapie interessiert ist. Denn das hat er ja im Fragebogen angegeben.

Sollte ein Patient den digitalen Anamnesebogen einmal nicht vor dem Termin an die Praxis zurückschicken, kann er diesen immer noch im Wartezimmer ausfüllen: Sie scannen vor Ort einen QR-Code und füllen den Bogen auf ihrem eigenen Gerät aus. Für die wenigen Personen, die kein eigenes Handy dabeihaben, kannst du auch ein Tablet bereithalten.

Der Prozess bleibt genau gleich: Sie füllen die Fragen aus und diese führen, wenn das Interesse vorhanden ist, direkt zum Video.

9. Wenn es ohne Anamnesebogen gehen muss

Beispiel: Hypothetische Fragen beim Zahnarzt

 

Wie möchten Sie, dass wir vorgehen, falls bei Ihren Zähnen jetzt oder zukünftig gebohrt werden muss und dadurch die Notwendigkeit einer Füllung besteht?

Dann gibt es drei Auswahlmöglichkeiten:

 

  • Mir ist es egal, wie eine Füllung aussieht und wie lange sie hält. Hauptsache, die Kosten werden komplett von der Kasse übernommen.
  • Mir ist wichtig, dass eine Füllung optisch nicht auffällt, egal wie kurz- oder langlebig diese ist. Die Kosten pro Füllung sollten aber 100€ bzw. 10€ monatlich nicht übersteigen.
  • Mir ist sowohl wichtig, dass die Farbe der Füllung exakt meiner Zahnfarbe entspricht und somit unsichtbar ist, als auch, dass die Füllung eine möglichst lange Haltbarkeit aufweist.
    • Das ist mir dann auch eine Monatsrate von x Euro wert. (Möglichkeit zum Beispiel 30, 50 oder 100 Euro anzukreuzen.)

 

Sollte es dazu kommen, dass der Patient eine Füllung braucht, weiß der Arzt nun direkt, welche Optionen für ihn in Frage kommen und kann den Patienten dementsprechend aufklären, ohne ihn mit Informationen zu überfordern.

 

Beispiel: Fragebogen in der Orthopädie

 

Ein Orthopäde könnte zum Beispiel fragen:

  • Haben Sie häufig Gelenkschmerzen?
  • Und wenn ja: Angenommen es gäbe die Möglichkeit, Sie mit einer einfachen Therapie davon zu befreien, wäre das interessant für Sie?

 

Klickt der Patient dann wieder „ja“, erscheint im nächsten Schritt ein Film, in dem die Hyaluron-Therapie erklärt wird.

Diesen Film kann der Patient sich zu Hause ganz in Ruhe und so oft er möchte anschauen und ist so bestens über die mögliche Therapie informiert.

Bevor er in deine Praxis kommt, schickt er den Anamnesebogen an dich zurück. So weißt du, dass er grundlegend an dieser Therapie interessiert ist. Denn das hat er ja im Fragebogen angegeben.