[31] Welche Bedeutung der 50. Geburtstag für den Wert Ihrer Praxis hat


Welche Bedeutung der 50. Geburtstag für den Wert Ihrer Praxis hat

In diesem Artikel geht es um ein Thema, über das sich viele Praxisinhaber leider oftmals zu lange keine oder völlig unrealistische Gedanken machen: Der Wert Ihrer Praxis.

Wie viel ist Ihre Praxis wert?

Der Wert einer Praxis ist eine der großen Unbekannten im Leben eines Mediziners: Die Frage nach dem Wert taucht erstmals auf, wenn es darum geht, eine bestehende Praxis zu übernehmen. Erfahrungsgemäß wird sie von Verkäufer und Käufer völlig anders bewertet. Der Verkäufer sieht sein Lebenswerk, das hinter der Praxis steckt. Der Käufer dagegen betrachtet sachlich und distanziert die Zahlen, Fakten und Daten. Für ihn geht es in diesem Moment um die wirtschaftlichen Eckdaten der BWA, den Zustand und die Ausstattung, sowie die Lage der Praxis, die Wettbewerbssituation und die Patientenstruktur und vieles mehr.

 

Hier tauchen jetzt das erste Mal völlig unterschiedliche Sichtweisen und daraus resultierende unterschiedliche Preisvorstellungen auf. Vielfach wird nun versucht, durch ein Sachverständigengutachten Klarheit in das Dunkel zu bekommen und den wahren Wert der Praxis zu ermitteln.

Objektiv ermittelbarer Praxiswert nicht möglich

Jedoch gibt es so etwas wie einen objektiv richtigen Praxiswert nicht. Dies wird durch eine aktuelle Studie von Professor Dr. Thomas Sander, seines Zeichens Inhaber des Lehrstuhls für Praxis Ökonomie an der medizinischen Hochschule Hannover, nachvollziehbar.  

 

Er ließ zehn Sachverständige für die Wertermittlung von Arztpraxen 23 verschiedene Praxen bewerten: Der Unterschied in der Wertermittlung der Sachverständigen betrug mehrere 100 %. Das zeigt ganz klar, dass es offensichtlich keinen objektiv ermittelbaren Praxiswert gibt. Stattdessen ist Ihre Praxis immer genau das wert, was ein Käufer Ihnen dafür zahlt.

 

Wahrscheinlich haben Sie es bei Ihrem Praxiskauf auch nicht anders gemacht. Denn – egal, wie toll jemand den Wert berechnet hat – Sie hatten bei dem einen oder anderen Angebot einfach das Gefühl, es sei zu viel Geld.

 

Bei der Praxis, die Sie am Ende gekauft haben, hatten Sie dagegen das Gefühl, dass es vielleicht viel Geld sein mag, aber die Praxis war es Ihnen einfach wert. Wieso war das so? Weil eine Praxis eben immer genau den Wert hat, den der Käufer dafür zahlt!

 

Sie sollten Ihre Praxis so entwickeln, dass sie zwei Prämissen erfüllt: Einerseits sollte es Ihnen Spaß machen, sie zu betreiben. Andererseits sollte sie aber auch für potenzielle Käufer interessant sein, so dass diese Lust haben, sie zu übernehmen.

4 Herausforderungen beim Praxisverkauf

Aber was hat das jetzt alles mit Ihrem 50. Geburtstag zu tun? Die meisten Mediziner erreichen mit Anfang/Mitte 50 den Höhepunkt ihrer Praxis. Sie haben ein eingespieltes, funktionierendes Team und die Praxisausstattung ist auf einem Top-Niveau. Vieles, das sie sich bei der Niederlassung noch gar nicht leisten konnten, wurde inzwischen angeschafft. Die Innenausstattung der Praxis passt, die Außenkommunikation stimmt, es gibt eine moderne Website und die Social-Media-Kanäle sind gut gepflegt. Vielleicht erkennen Sie gerade sich und Ihre Praxis in dieser Beschreibung wieder.

 

In dieser Situation setzt bei vielen Medizinern ein Maß an Zufriedenheit mit sich und der eigenen Praxis ein, das dazu führt, dass die Praxis nun nicht mehr weiterentwickelt wird. Das ist zwar vielleicht verständlich, aber was bedeutet es in der Konsequenz? Um das wirklich verstehen zu können, müssen wir einen kleinen Blick in die Zukunft werfen.

1 | Zu wenig potenzielle Nachfolger

Schauen wir uns die Altersstruktur der Praxisinhaber heute an, können wir deutlich ablesen, dass etwa die Hälfte aller Praxisinhaber in rund 15 Jahren im rentenfähigen Alter sein wird. Nun kennt jeder von uns die Zahl der Medizinstudenten und auch die Illusion der Zuwanderung von Tausenden hochqualifizierten Medizinern aus dem Ausland ist inzwischen wohl geplatzt. Somit ist jedem klar, dass es schlicht und einfach nicht genügend potenzielle Nachfolger für die abzugebenden Praxen geben wird.

 

Abgesehen von dem Drama, das hierdurch in der ambulanten medizinischen Versorgung zu erwarten ist, bedeutet das für Sie, dass Sie Ihre Praxis überhaupt nur dann verkaufen können, wenn sie zu diesem Zeitpunkt up-to-date ist und sie den Vorstellungen der dann übernehmenden Ärzte entspricht.

 

2 | Geringe Nachfrage an Ein-Behandler-Praxen

Der Großteil aller heute existierenden Praxen sind Ein-Behandler-Praxen. Daran haben die meisten jungen Ärzte jedoch kein Interesse! Sie wollen sich nicht ganz alleine mit all den Herausforderungen herumschlagen, die das Unternehmen Arztpraxis nun einfach mal mit sich bringt.

 

Aus diesem Grund lassen sie sich in aller Regel nicht alleine, sondern zusammen mit mehreren Ärzten als Gemeinschaftspraxis nieder. Somit gibt es für die klassische Ein-Behandler-Praxis in der Zukunft nur noch einen sehr kleinen Markt im Verkauf.

3 | Kein junges Team

In einer Marktsituation, in der die Nachfrage geringer ist als das Angebot, gibt es noch weitere ganz entscheidende Merkmale. Ein ganz wichtiger Aspekt ist die Mitarbeitersituation.

 

Ich habe bereits in früheren Blogbeiträgen darauf hingewiesen, dass innerhalb der nächsten acht Jahre etwa 30 % der MFAs und ZFAs vom Markt verschwinden werden. Das sind einfach die geburtenstarken Jahrgänge: Es kommen deutlich weniger Arbeitskräfte nach als weggehen und so ergibt sich ein Schwund auf dem Markt. Das wiederum bedeutet, dass der Kampf um Mitarbeiter zukünftig noch viel stärker sein wird.

 

Schaut man sich die Entwicklung der Praxis-Teams in den letzten Berufsjahren eines Praxisinhabers an, so ist zu beobachten, dass die wenigsten etwas dafür tun, um ihr Team jung zu halten. Es gibt kaum Neueinstellungen, der Praxisinhaber altert gemeinsam mit seinem Team und ausgebildet wird meistens auch nicht mehr. In der Konsequenz heißt das, dass, wenn die Praxis abgegeben wird, das Team auch mehr oder minder in rentenfähigem Alter ist.

 

Es gibt eigentlich kein Team, mit dem der übernehmende Arzt wirklich durchstarten könnte. In einer Marktsituation, in der es kaum verfügbare MFAs und ZFAs gibt, mindert auch das die Attraktivität einer Praxis extrem.

 

4 | Keine zeitgemäße Praxiseinrichtung

Zudem ist es auffällig, dass bei älteren Praxisinhabern die letzte komplette Überarbeitung des Internetauftritts in der Regel mindestens zehn Jahre her ist. In einer so schnelllebigen Welt, in der wir uns heute bewegen, beträgt die Halbwertszeit einer Internetseite jedoch gerade mal drei, maximal fünf Jahre. Das bedeutet, allein der erste Eindruck der abzugebenden Praxis ist aufgrund des Internetauftritts schon suboptimal.

 

Sollte trotzdem noch ein Interessent den Weg in die Praxis finden, stellt er meistens fest, dass die Praxiseinrichtung auch mindestens 15 Jahre alt ist und die technische Ausstattung nicht mehr dem Stand der heutigen Technik entspricht. Somit ist es eindeutig, dass so eine Praxis im Grunde unverkäuflich ist.

3 Themenbereiche, die Sie beim Praxisverkauf im Blick haben sollten

1 | Die Problematik einer Einzelpraxis

Erfahrungsgemäß reduzieren ältere Kollegen mit den Jahren ihre Arbeitszeit. Das geht logischerweise zu Lasten des Umsatzes und somit zu Lasten des Praxiswerts. Es gibt eine einfache Alternative, die auch den Wünschen vieler junger Ärzte entspricht: Viele der jungen Ärztinnen denken gar nicht über eine Niederlassung nach, sondern sind an einer Anstellung interessiert. Und das am besten im Rahmen einer Teilzeitstelle.

 

Sie wiederum haben bekanntlich die Möglichkeit, Ihren Sitz zu teilen. Inzwischen kann man den Sitz ja sogar vierteln, und somit können Sie Ihre Arbeitszeit reduzieren und eine junge Kollegin mit in die Praxis nehmen, die diese Lücke auffüllt. Die Anstellung einer solchen Kollegin bietet Ihnen also die Möglichkeit, Ihre Arbeitszeit zu reduzieren, ohne dass die Praxis deshalb Umsatz einbüßt.

Solchen Überlegungen steht oftmals die Größe der eigenen Praxis entgegen. Vielleicht ist diese schlicht zu klein, um zwei Behandler aufzunehmen. Anstatt das Thema abzuhaken, sehen Sie es doch als Gelegenheit, Ihnen die Frage zu stellen, ob nicht jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um in neue, größere Räume umzuziehen.

 

Gerade heute ist das eine spannende Frage, denn durch Digitalisierung, KI und Homeoffice gehen die Büroleerstände deutlich nach oben und die Mietpreise für Praxen bewegen sich somit wieder auf vernünftigem Niveau.

 

Wenn Sie sich für einen Umzug entscheiden, dann ist es sinnvoll, die neue Praxis lieber etwas größer als zu klein zu planen. Das bietet späteren Übernehmern die Möglichkeit, auch mit mehr als zwei Ärzten in die Praxisräume zu ziehen.

2 | Der Patientenbestand

Völlig unabhängig von den Praxisräumen ist die Entwicklung Ihres Patientenbestandes ein weiteres wichtiges Thema. Jede Praxis hat im Schnitt pro Jahr einen Abgang von 6 % ihrer Patienten!

 

Das bemerkt im Alltag eigentlich niemand und die Gründe sind einfach nachzuvollziehen: Durchschnittlich ziehen 10 % der Bundesbürger jedes Jahr um; die Hälfte davon in eine neue Stadt. Somit ergeben sich bereits 5 % Abgang durch Umzug. Rund 1,3 % der Menschen in Deutschland sterben jährlich. Je nachdem wie hoch das Durchschnittsalter Ihrer Patienten ist, wird der Anteil der Sterbefälle entsprechend höher sein.

 

Im Umkehrschluss bedeutet das aber, dass eben auch ein konstanter Zuzug stattfindet. Denn es verlassen nicht nur Menschen Ihre Stadt, sondern es kommen auch jedes Jahr 5 % neue Einwohner hinzu. Diese ermöglichen einen kontinuierlichen Patientenzugewinn in Ihrer Praxis.

 

Diese Möglichkeit besteht allerdings nur dann, wenn Sie auch darauf achten, Ihre Außendarstellung kontinuierlich zeitgemäß zu halten. Andernfalls werden deutlich weniger neue Patienten den Weg in Ihre Praxis finden und Ihr Patientenbestand wird Jahr um Jahr schrumpfen.

3 | Die Mitarbeiter

Wie vorhin schon angesprochen, achten die wenigsten Praxisinhaber darauf, dass ihr Team jung bleibt, und Auszubildende stellen viele schon gar nicht mehr ein. Ich kenne den Frust mit Auszubildenden quer durch alle Altersgruppen von Praxisinhabern sehr gut, aber kann Ihnen versichern: Der Frust entsteht vorrangig dadurch, dass einfach Leute eingestellt werden, deren Chance, eine interessante Ergänzung des vorhandenen Praxisteams zu werden, echt gering ist.

 

Ich habe schon in einem früheren Blogbeitrag zum Thema Auszubildende erzählt, dass 14 % aller auszubildenden MFAs und ZFAs heute Abitur hat. Das ist Fakt und der Prozentsatz steigt sogar von Jahr zu Jahr.

 

Somit liegt es an Ihnen, Leute einzustellen, die eine Bereicherung für Ihre Praxis sind – und junge Abiturienten als Auszubildende sind es ganz sicher! Die kontinuierliche Verjüngung des Praxisteams ist wichtig, da die Gesamtausstrahlung des Praxisteams sonst einfach sehr alt ist und für junge Übernehmer unattraktiv wird. Wie Sie Abiturienten als Azubis für Ihre Praxis gewinnen, erfahren Sie in unserem Blogbeitrag zum Thema Auszubildende.

 

Fazit: So machen Sie Ihre Praxis attraktiv für den Verkauf

Auch in einem schwierigen Umfeld ist es kein Hexenwerk, einen vernünftigen Wert für Ihre Praxis zu erzielen. Bedeutsam ist jedoch, dass Sie das Thema nicht ewig vor dir herschieben. Nehmen Sie wirklich Ihren 50. Geburtstag als Stichtag, um Ihren Ausstieg strategisch zu planen.

 

Überlegen Sie sich, was Sie tun können, damit Ihre Praxis 10, 15 oder 20 Jahre später für potenzielle Übernehmer attraktiv ist. Denken Sie dabei an die verschiedenen Bereiche von der Größe und Ausstattung Ihrer Praxis über den Umsatz und Patientenbestand bis hin zu Ihrer Außendarstellung und Ihren Mitarbeitern. Denn am Ende ist Ihre Praxis nur so viel wert, wie ein Nachfolger bereit ist, dafür zu zahlen!