[38] Wie Dich Employer Branding aus der Abhängigkeit von Recruiting-Agenturen befreit!


Wie Dich Employer Branding aus der Abhängigkeit von Recruiting-Agenturen befreit

Die großen Gewinner des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen sind Recruiting-Agenturen, Headhunter und Personalvermittler. Derzeit kostet es im Schnitt zwei bis drei Monatsgehälter, um eine neue Mitarbeiterin über diesen Weg zu generieren – Tendenz steigend. Was Du tun kannst, um zukünftig wieder selbst erfolgreich gute Mitarbeiter zu finden, erfährst Du in diesem Blogbeitrag.

Hohe Fluktuation in Arzt- und Zahnarztpraxen

Jeder von uns weiß, dass in einer Praxis wenig so sicher ist, wie der nächste Personalwechsel. Mal unterstellt, du bist ein Super-Chef mit einer tollen Praxis und Top-Bezahlung deiner Mitarbeiter, dann verhindert auch das nicht die nächste Schwangerschaft, den neuen Freund am anderen Ende der Republik oder einen Pflegefall in der Familie.  

 

Jeder dieser Punkte führt dazu, dass du wieder einen Personalwechsel zu meistern hast. Das aber sind nur die unverhinderbaren Ursachen für einen Personalwechsel. Wie sieht’s bei dir mit den sonstigen Kündigungen aus? 

 

Im Jahr 2021 hatten wir bei Arzt- & Zahnarztpraxen eine durchschnittliche Fluktuationsrate von rund 22%. Das heißt, im Schnitt bleibt ein Mitarbeiter gerade mal 4,5 Jahre in einer Praxis. Hast du dir mal ausgerechnet, was so ein Personalwechsel, alles in allem, insgesamt kostet? 

 

Zu diesem Thema gibt es inzwischen diverse Studien: Deren Ergebnisse divergieren zwischen knapp 15.000 und rund 43.00 Euro pro Wechsel. Bei einer MFA bzw. ZFA mit einem Monatsgehalt von 2.800 € halte ich Gesamtkosten von sage und schreibe etwa 25.000 € für realistisch. 

Die Kosten setzen sich aus vier Bereichen zusammen: 

  1. Den sog. Austrittskosten, also Minderleistung in der Phase der inneren Kündigung, Krankschreibung nach Aussprache der Kündigung sowie verlorene Fortbildungskosten. 
  2. Den Recruitingkosten, also den Kosten für Anzeigen, Personalvermittler, Headhunter oder Recruiting-Agentur, der Zeit für Bewerbertelefonate und Vorstellungsgespräche, sowie der Zeit der betreuenden Mitarbeiter während des Probearbeitens. 
  3. Den Oportunitätskosten, also den Kosten, die durch die in der Zwischenzeit unbesetzte Stelle entstehen. 
  4. Den Onboardingkosten, also das wahrscheinlich höhere Gehalt der neuen Mitarbeiterin, die Zeit der Minderleistung bis die neue Kollegin auf Flughöhe gebracht ist, die Kosten des Mentorings durch Übernahme der Patenschaft für die neue Kollegin sowie den Kosten für Schulung und Weiterbildung (z.B. für die Praxissoftware). 

 

Je tiefer Du in die Details gehst, umso höher wird der Betrag. Wenn du dir nun noch vor Augen führst, dass die Mitarbeiter in Arzt- und Zahnarztpraxen inzwischen immer häufiger wechseln und der Chef von Europas größtem Zukunftsforschungsinstitut, Sven Gabor Janszky, prognostiziert, dass bis 2030 überhaupt nur noch die Hälfte aller Mitarbeiter längerfristig bei einem Arbeitgeber sind und der Rest in ein bis drei Jahreszyklen den Arbeitgeber wechselt, dann bedeutet das für dich, das eine unkalkulierbare Kostenexplosion auf dich zu rollt! 

 

Zusätzlich bitte ich dran zu denken, dass in den kommenden acht Jahren etwa 30 % der derzeit tätigen MFAs und ZFAs in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Wenn es doch also heute schon schwer ist, gute Mitarbeiter zu finden – morgen wird es fast unmöglich sein. 

 

Die betriebswirtschaftlichen Folgen sind für viele Praxen mit durchschnittlichen Ergebnissen schlicht und einfach existenzgefährdend. Wenn Jansky auch nur ansatzweise Recht hat, bedeutet das, dass in einer Zwei-Behandler-Praxis mit sechs MFAs bzw. ZFAs jedes Jahr zwei bis drei Mitarbeiter gehen. Somit reden wir von mind. 62.500 € Fluktuationskosten pro Jahr 

Mitarbeiter als Botschafter und Recruiter

Wie soll das in einer Praxis finanziert werden? Vor diesem Hintergrund scheint es doch sinnvoll zu sein, die Frage zu beleuchten, was heute indiziert ist, um deine Praxis vor einem solchen Personal- und Kostendesaster zu bewahren und zukunftsfähig zu machen. Dazu müssen wir uns kurz etwas vor Augen führen: Genau wie du in deinem Umfeld sicherlich viele Mediziner hast, so haben deine Mädels in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis viele MFAs und ZFAs. 

 

Und genau wie du mit deinen Freunden über deine Sorgen und Nöte in und mit deiner Praxis redest, tun deine Mitarbeiter das auch. Meist wird in solchen Runden dann ja auch eher über das Negative geredet und über den Chef sowie die Kolleginnen gelästert. 

 

Jetzt stell’ dir doch bitte mal vor, was passieren würde, wenn eine der Damen in so einer Runde immer nur fröhlich grinsen würde, während die anderen ablästern. Auf Nachfrage würde sie antworten, dass es ihr in der Praxis, in der sie arbeitet, wirklich rundum gefällt. Etwas mehr Geld wäre sicher immer schön und manchmal hätte der Chef auch schon mal seine berühmten fünf Minuten, aber ehrlich: Sie sei total zufrieden dort, wo sie ist und all das wovon die anderen aus ihren Praxen berichteten, dass gäbe es bei ihr in der Praxis zum Glück nicht. 

 

Was meinst du passiert, wenn die Praxis der zufriedenen Mitarbeiterin eine Kollegin aus den zu Anfang genannten unvermeidbaren Gründen verliert? Genau, dann überlegt sich diese Dame, wer aus dem Kreis der anderen Kolleginnen wohl am besten in die eigene Praxis passen würde, und fragt bei dieser diskret an, ob evtl. Interesse an einem Wechsel besteht. Das wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu 100% erfolgreich sein. 

 

Und wenn wir bei der Zwei-Behandler-Praxis mit den sechs Mitarbeiterinnen bleiben, dann ist wohl zu erwarten, dass jede sich in einem solchen Umfeld bewegt und der Praxisinhaber somit in kürzester Zeit aus sechs echten Empfehlungen seines Teams, sich die beste aussuchen kann. 

Der Weg zur attraktiven Arbeitgebermarke

Zudem ist es interessant, dass außer den unvermeidbaren Onboardingkosten dabei im Grunde überhaupt keine Kosten entstehen. Das würde dir sicherlich gefallen, wenn das in deiner Praxis so liefe. 

 

Doch was ist zu tun, um aus deinen Mitarbeitern Botschafter und Recruiter der Praxis zu machen? Dazu ist es notwendig einen strategischen Prozess anzustoßen, um dein „Unternehmen Arztpraxis“, auf der eigenen Praxisidentität basierend, zu einer attraktiven Arbeitgebermarke zu entwickeln, die sich von anderen Arztpraxen positiv abhebt und die eine starke emotionale Verbindung mit deinen Mitarbeitern hat. 

 

Vornehmen Neu-Deutsch nennt man das „Employer Branding“. Das Thema haben wir ja bereits im Blogbeitrag über das Employer Branding behandelt. Heute möchte ich etwas mehr auf den Prozess selbst eingehen und dir eine Vorstellung davon geben, wie so etwas abläuft. 

Der Prozess des Employer Brandings

Wenn wir den Prozess begleiten, starten wir auf der Inhaberseite mit einem Positionierungsworkshop und auf der Mitarbeiterseite mit einer anonymen Mitarbeiterbefragung. Es geht dabei einerseits darum mit dem oder den Inhabern herauszuarbeiten, wie sie ihre Praxis selbst sehen, was ihnen wichtig ist und wie sie sich von anderen unterscheidet.  

 

Aber auch wie sie sich den Umgang miteinander und die Arbeitskultur vorstellen, sowie die Frage welche Werte ihnen wichtig sind und welche sie von Mitarbeitern erwarten. Zusammengefasst geht es also darum herauszufinden, welches Menschenbild hier auf der Inhaberseite existiert. 

 

Die anonyme Mitarbeiterbefragung hingegen beleuchtet den Ist-Zustand der Praxiskultur aus Sicht der Mitarbeitenden und zeichnet ein Bild von deren derzeitigen Identifikation mit der Praxis. Im Rahmen von Workshops erarbeiten wir anschließend mit allen Beteiligten Leitlinien der zukünftigen Unternehmenskultur, die den Umgang miteinander, die Strukturen sowie die Arbeits- und Meetingkultur definiert und regelt. 

 

Hierdurch entsteht eine Unternehmenskultur, mit der sich jeder Mitarbeiter identifizieren kann und die seine Einstellungen und Werte repräsentiert. Dies wiederum führt zu einer positiveren Grundstimmung und einer besseren Teamkultur mit geringerem Stresslevel für alle Beteiligten. Weiterhin steigen die Produktivität und Arbeitsqualität. Außerdem wirst Du eine deutlich höhere Motivation und Zufriedenheit bei Deinen Mitarbeitern feststellen. 

Fazit: Wie eine starke Praxiskultur Fachkräfte anzieht

Durch die gestiegene Zufriedenheit und Identifikation entwickelt sich eine signifikant engere Bindung zwischen Mitarbeiter und Arztpraxis, die einerseits zu der erstrebten langfristigen Zusammenarbeit führt und andererseits die Mitarbeiter zu „Botschaftern der Praxis“ im Kreise ihres privaten Umfelds macht. Das wiederum führt dann dazu, wie zuvor ja bereits beschrieben, dass auch in Zeiten, wo so gut wie keine MFAs und ZFAs mehr auf dem Markt verfügbar sind, Bewerber durch die Begeisterung der bestehenden Mitarbeiter deiner Praxis angezogen und dir zugeführt werden. 

 

Zusammengefasst ist das Ziel des Employer Brandings die Schaffung einer starken Arbeitgebermarke, die die folgenden grundlegenden Fragen glaubwürdig, einzigartig und einprägsam beantwortet: 

  • Wer sind wir? 
  • Wie sind wir? 
  • Wie treten wir auf? 
  • Was bieten wir? 

 Durch den gemeinsamen Erarbeitungsprozess entsteht eine hohe Identifikation der einzelnen Mitarbeiter und führt dazu, das neue Mitarbeiter durch deine bestehenden Mitarbeiter gewonnen werden.