[42] Die 5 häufigsten Fehler bei der Niederlassung und in den ersten Jahren danach


Die 5 häufigsten Fehler bei der Niederlassung und in den ersten Jahren danach

Viele junge Praxisinhaber stellen in den ersten paar Jahren nach ihrer Niederlassung fest, dass die Praxis leider ganz und gar nicht so läuft, wie sie sich das ursprünglich mal vorgestellt hatten. Manchmal ist es auch der Steuerberater oder Bänker, der sie mit der Nase darauf stößt. Da heißt es dann meistens „Ihre Personalkosten sind zu hoch“ oder „Ihr Praxisergebnis liegt unter dem des Fachgruppenschnitts“. 

 

Wo die Fehler liegen und was Du in so einem Fall tun kannst, erfährst Du im heutigen Blogbeitrag. Es geht um die fünf häufigsten Fehler bei der Niederlassung und in den ersten Jahren danach. Wir verraten dir, wie Du sie vermeiden bzw. heilen kannst. 

Fehler #1: „Kostenlosen“ Beratern vertrauen

Punkt eins der Topp 5 Fehler ist das Vertrauen, das Gründer den vielen „kostenlosen“ Beratern, die sie umschwirren, entgegenbringen. Gerade in der Vor-Niederlassungsphase wirst Du von lauter netten Beratern, die ihre Beratungsleistung angeblich kostenfrei zur Verfügung stellen, umschwirrt. Viele davon kennst Du aus dem Studium oder Deinem privaten Umfeld, was das Vertrauen natürlich deutlich stärkt. Sie beschäftigen sich mit Niederlassungsberatung, Finanzierungsberatung, Versicherungsberatung und mit vielem mehr. 

 

Das Ergebnis dieser „kostenlosen“ Beratungen bekommen wir dann in der Regel einige Jahre später auf den Tisch, wenn es Probleme in der Praxis gibt. Da werden Finanzierungen mit Tilgungsaussetzung gegen Fremdwährungs- und Fondspolicen abgeschlossen, ohne dass je über die damit verbundenen Risiken gesprochen wird. 

 

Bisher habe ich noch keinen einzigen Mediziner getroffen, der nachdem er ausführlich über das ihm angedrehte Angebot informiert wurde, nicht völlig entsetzt darüber war, welch hoch riskantes Geschäft er eingegangen war. Oder die tolle Idee, gleich bei oder kurz nach der Niederlassung dem Praxisinhaber auch gleich noch eine privatgenutzte Immobilie zu verkaufen bzw. zu finanzieren.  

Der beste Zeitpunkt für eine Immobilie

Eine selbstgenutzte Immobilie kannst Du Dir kaufen, wenn Du wirtschaftlich durch bist. Sie ist bei Einbeziehung aller Kosten deutlich teurer als das Wohnen in einer gemieteten Immobilie. Viele tolle Häuser in super Gegenden, die Du für 1.500 bis 2.000 Euro mieten kannst, kannst Du niemals für das gleiche Geld kaufen und finanzieren.  

 

Deine erste Immobilie, die Du dir kaufst, sollte sowieso keine zum selber drin wohnen, sondern eine zum Vermieten sein. Aufgrund der steuerlichen Vorteile die damit verbunden sind, ist das eine interessante Geldanlage. Bevor Du Dich aber damit beschäftigst, ist es wichtig, dass Deine Praxis erstmal hervorragend läuft. Und dann kannst Du Dich mit den Grundlagen solcher Investments vertraut machen.  

Berater vs. Vermittler

Zurück zu den kostenlosen Beratern: Ihre Beratung ist alles andere als kostenlos. Denn den Preis für diese Beratung zahlst Du am Ende leider doch – egal, ob durch zu teure, zu risikoreiche oder nicht zielführende Produkte. 

 

Da einige dieser Leute wahrscheinlich auch Studienkollegen und Freunde von Dir sind, kannst Du ihnen grundsätzlich vertrauen. Sie wollen Dich ganz sicher nicht übervorteilen. Jedoch kennen sie teilweise selbst nicht alle Risiken, da sie ihr Wissen durch Schulungen des jeweiligen Anbieters, den Sie als Vermittler vertreten, haben. 

 

Werfen wir einen Blick in die Juristerei: Da gibt es nämlich einen gewaltigen Unterschied zwischen einem Berater und einem Vermittler. Letzterer tritt gegenüber dem Interessenten selbstständig auf und wird bei erfolgreicher Vermittlung von seinem Auftraggeber per Provision bezahlt. Er ist dem Kunden, also Dir gegenüber, nicht zur Information über bessere und oder risikolosere Angebote verpflichtet. 

 

Beim Berater hingegen stehen fachkundige Beratung und Bewertung der Angebote  

im Mittelpunkt. Er ist gesetzlich zu Wahrheit, Klarheit, Vollständigkeit und Richtigstellung verpflichtet. Und das wichtigste: Dafür haftet er dem Kunden gegenüber. Damit dürfte klar sein, wieso eine wirkliche Beratung, in der es ausschließlich um Deine Interessen geht, niemals kostenlos sein kann. 

Die Rolle der Bank

Und wie sieht es nun mit der Bank aus? Grundsätzlich haftet die Bank auch.  

Eine solche Bankenhaftung kann beispielsweise dann entstehen, wenn im Rahmen der Finanzierungsberatung fehlerhafte Auskünfte gegenüber dem Kunden gemacht wurden. 

Das ist jedoch eher nicht zu erwarten. Das Problem besteht vielmehr darin, dass die Bank natürlich nicht zur Bewertung ihres Angebots verpflichtet ist. Also der Frage, ob es für den Kunden, also Dich, nicht vielleicht deutlich sinnvoller wäre, ein Angebot einer anderen Bank anzunehmen. 

 

Dazu passt ganz wunderbar, dass Stiftung Warentest die Kreditberatung bei Banken unter die Lupe genommen hat. Das Ergebnis war erschreckend, denn von 21 geprüften Instituten erhielten sieben Darlehensgeber lediglich die Note „Ausreichend“ oder schlechter. 

Den richtigen Berater finden

Investiere Geld in einen echten Berater, der Dich in diesen Dingen begleitet und berät.  

Er sollte: 

  • unabhängig sein, also weder Tochtergesellschaft einer Bank oder eines Softwareherstellers sein,
  • nachweislich über eine solide Expertise in dem Bereich verfügen
  • und auf eine mindestens 10-jährige Berufserfahrung zurück blicken können.  

Dann kannst Du erwarten, dass er sowohl über einen soliden Marktüberblick verfügt, als auch die Erfahrung hat, um zu wissen, worauf es zu achten gilt. Finden kannst Du die Berater z.B. über deren Veröffentlichungen in den medizinischen Fachzeitschriften. Verschiedene Kollegen, die auf den Dentalmarkt spezialisiert sind, verfügen auch über einen eigenen Podcasts. Damit kannst Du Dir ein erstes Bild machen, um zu entscheiden, wer am besten zu Dir passt. 

Fehler #2: Kein realistischer Liquiditätsplan

Punkt zwei der Topp 5 Fehler bei der Niederlassung und in den ersten Jahren danach ist der fehlende realistische Liquiditätsplan vor der Unterschrift des Praxiskaufvertrags und des Darlehnsvertrags bei der Bank. Sicherlich einer der häufigsten Gründe, weshalb Praxisinhaber sich in den ersten Jahren nach der Niederlassung an uns wenden, ist, dass sie nicht mehr wissen, wovon sie ihre Mitarbeiter, die Miete und sich selbst bezahlen sollen, weil schlicht und einfach viel zu wenig Geld reinkommt.  

 

Die Ursachen dafür sind mannigfaltig. Das Problem an sich aber immer das gleiche: Sie sind völlig blauäugig in die Selbstständigkeit gegangen, haben sich auf die Schulterklopfenden „Das wird schon werden – das schaffst Du schon“-Zurufe der Praxisvermittler, der Darlehensvermittler, der Praxiseinrichter und anderen Personen verlassen, anstatt sich mit dem oben bereits erwähnten fachkundigen Berater hinzusetzen und einen richtigen Liquiditätsplan zu machen.  

„Pseudo-Liquiditätspläne“ vermeiden

Hier geht es nicht um die „Pseudo-Liquiditätspläne“ der Banken und Finanzierungsvermittler, in denen es immer nur Sonnenschein und vergessene Risiken gibt, Praxen weder Geld für Personal-Marketing noch für Kommunikation benötigen und  

die Zuweiser, die Privat-Patienten und geeignete Bewerber ganz von alleine kommen und Mitarbeiter niemals die Praxis verlassen. 

 

Auch geht es nicht um eine Liquiditätsplanung, die nur aus der erhofften Umsatzentwicklung besteht und als „realistisches Szenario“ dargestellt wird, sondern einer, die auch ein „Worst Case Szenario“ beinhaltet“. Diese Liquiditätsplanung weist den Praxisgründer auf die Risiken einer Selbstständigkeit hin und macht ihm deutlich, dass Work-Life-Balance mit 20 Wochenarbeitsstunden manchmal mit der unternehmerischen Herausforderung einer Arztpraxis nicht so wirklich vereinbar ist.  

 

Echter Liquiditätsplan als Hilfsmittel

Selbstverständlich halte ich es in unserer heutigen Zeit für absolut sinnvoll, sich als Arzt niederzulassen. Aber es ist wichtig, sich vorher mit allen Aspekten der Selbstständigkeit zu beschäftigen und sich zu fragen, ob man dafür geeignet ist. Ein nützliches Hilfsmittel hierfür ist es, einen ernst zu nehmenden Liquiditätsplans zu erstellen.  

 

Die verschiedenen Szenarien lassen den niederlassungswilligen Kollegen unterschiedliche Situationen und deren Auswirkungen bereits vor seinem geistigen Auge durchleben. Dabei kann er schnell erkennen, ob die Selbstständigkeit für ihn wirklich der richtige Weg ist. Und wenn er die Frage mit „ja“ beantwortet, wird ihm der nächste Fehler ganz sicher nicht passieren. 

Fehler #3: Hohe Privatkosten

Punkt drei der Topp 5 Fehler bei der Niederlassung und in den ersten Jahren danach sind zu hohe privat veranlasste Kosten. 

Beispiel: Ehepartner mit hohen Schulden 

Ein hilfesuchender Praxisinhaber hat vor ein paar Jahren eine Einbehandler-Praxis übernommen und von der Kasse einen zweiten Sitz dazu bekommen. Er lies die Praxis, die er nun gemeinsam mit seiner Frau betreiben wollte, renovieren und technisch auf den Stand der Zeit bringen, so dass am Ende eine Finanzierungssumme von einer halben Million zusammenkam. Zusätzlich haben sie sich noch eine Eigentumswohnung für 600.000 € gekauft. Alles zusammen ergab sich eine monatliche Annuität von 6.000 €. 

 

Zudem erlebte die Praxis nicht den erhofften Umsatzanstieg, sondern ganz im Gegenteil: Der Patientenbestand wurde in kurzer Zeit halbiert. Eine Situation, die bei Praxisübernahmen keine Seltenheit ist, wenn auch nicht gleich in dieser Dimension. 

 

Nun kam die Bank ins Spiel: Mit der Bank wurde eine vorrübergehende Reduzierung der monatlichen Rate auf 4.000 € vereinbart. Da das natürlich nicht reichte, musste folglich die erste Mitarbeiterin entlassen werden.  

 

Es war ihm bewusst, dass er unbedingt etwas dafür tun musste, um mit der Praxis in die Sichtbarkeit zu gelangen und so neue Patienten akquirieren zu können. Leider hatte er kein Geld mehr, um das bezahlen zu können. Da es bekanntlich weder bei Google noch bei Facebook oder Instagram kostenlose Werbung gibt, und auch die örtliche Zeitung keine Werbeplätze verschenkt, musste er umgehend in den Krisenmodus schalten und ohne Vorbehalte alles auf den Prüfstein stellen, was zu Einnahmen führen könnte. 

 

Hier heißt es nun Hilfe zur Selbsthilfe: Lösungen hierfür sind, dass einer der beiden Ehepartner vorrübergehend als angestellter Arzt im Krankenhaus oder bei einer anderen Praxis arbeitet. Auch Vermögensgegenstände wie Schmuck, Uhren oder Kunstwerke könnten sie zu Geld machen. 

 

Kosten niedrig halten

Halte Deine privaten Kosten, gerade in den ersten Jahren der Selbstständigkeit, auf einem Minimum. Du brauchst weder ein Haus noch ein neues Auto, nur weil Du jetzt Praxisinhaber bist und die Bank es Die finanzieren würde. Weit sinnvoller ist es, Rücklagen zu bilden – sowohl privat als auch geschäftlich. 

 

Wenn es Dich interessiert, wie man finanzielle Engpässe meistert und Vermögen aufbaut, empfehle ich Dir das Buch von Bodo Schäfer: Der Weg zur finanziellen Freiheit. Diesen Spiegel Bestseller sollte jeder Praxisinhaber gelesen haben! 

Fehler #4: Fehlende Kenntnis über KPIs

Punkt vier der Topp 5 Fehler bei der Niederlassung und in den ersten Jahren danach ist die Unkenntnis über die KPIs, die Key Performance Indicators, der eigenen Praxis. 

 

Ich habe in diesem Blogbeitrag schon oft über die Bedeutung des Kennzahlenmanagements für Praxisinhaber gesprochen wie beispielsweise im Beitrag über die Kennzahlen für mehr Umsatz und Erfolg in der Praxis 

 

Viele Praxisinhaber sind leider erst bereit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, wenn die Praxis nicht so läuft, wie sie sich das vorstellen. Deutlich besser ist es jedoch, sich ab Beginn jede Woche eine Stunde mit Deinen Zahlen zu beschäftigen und ein solides Kennzahlenmanagement aufzubauen, dass Dir den sicheren Weg zum Erfolg weist. 

 

An dieser Stelle kann ich Dich auf unsere Mastermind zu dem Thema hinweisen. Dort bauen wir gemeinsam mit Dir in 12 Monaten ein perfektes System auf, mit dem Du Deine Praxis mit minimalem Aufwand sicher in die Zukunft führen kannst. Wenn Dich das interessiert schicke mir eine Mail an w.apel@medikom.org oder rufe mich an, dann erhältst Du alle weiteren Informationen. 

Fehler #5: Mangelnde Führungskompetenz

Der fünfte und letzte der Topp 5 Fehler bei der Niederlassung und in den ersten Jahren danach ist mangelnde Führungskompetenz vieler Praxisinhaber. Dieser Punkt wird meiner Erfahrung nach völlig unterschätzt. Ich glaube nicht daran, dass man als Führungskraft geboren wird: Richtig führen will gelernt sein! 

 

Eine erfolgreiche Praxis braucht einen Inhaber als Führungskraft, der sowohl die Ziele des „Unternehmens Arztpraxis“ im Blick hat als auch sein Team motiviert führt. Durch Deine Vorbildfunktion prägst Du mit Deinem Führungsverhalten die Unternehmenskultur Deiner Praxis. Die wiederum entscheidet mit darüber, wie effizient Deine Mitarbeiter sind und wie interessant Deine Praxis für potentielle Bewerber ist. 

 

Dafür gibt es diverse Konzepte: Wenn Du bei Google einfach mal „Führungsseminar“ eingibst, wirst Du schier erschlagen von den unterschiedlichsten Angeboten. Da durchzusteigen und das endlose Angebot gemäß Deinen Wünschen und Interessen zu filtern, ist sicherlich eine Aufgabe, die einige Zeit in Anspruch nimmt.