[5] Leistungsgerechte Bezahlung
Leistungsgerechte Bezahlung
(Reihe: Personal gewinnen und behalten)
Wie binde ich meine wirklichen guten Mitarbeiter langfristig an mich? Diese Frage hat sich sicherlich jeder Arzt schon einmal gestellt. Denn es ist wirklich schwer, gutes Personal zu finden und dementsprechend ein großer Verlust, wenn gute Mitarbeiter die Praxis verlassen.
Eine Möglichkeit, um deine Mitarbeiter zu motivieren und die guten Mitarbeiter an dich zu binden, ist eine leistungsgerechte Bezahlung. In diesem Beitrag erfährst du, wie eine leistungsgerechte Bezahlung aussehen kann und welche Vorteile diese sowohl für dich als auch für deine Angestellten mit sich bringt!
Dieser Beitrag ist der dritte Artikel in unserer Reihe „Personal gewinnen und behalten“. In den ersten beiden Beiträgen ging es darum, wie du passende Bewerbungen generierst und worauf du bei der Personalauswahl achten solltest. Im kommenden Artikel beschäftigen wir uns noch damit, wie es dir gelingt, dein Personal langfristig in deiner Praxis zu behalten.
Was ist eine leistungsgerechte Bezahlung?
In der Regel, und vielleicht ist das ja auch in deiner Praxis so, erhalten Angestellte ein festes Monatsgehalt, das an eine gewisse Stundenanzahl gekoppelt ist. Alternativ erhalten sie einen festen Stundenlohn, der abhängig von den geleisteten Stunden ausgezahlt wird. Diese festen Beträge basieren meistens auf den Tarifgehältern für eine Stelle sowie der Arbeitserfahrung und der Qualifikation der Person.
Nun ist es aber so, dass zwei Arzthelferinnen, die die gleiche Qualifizierung und Berufserfahrung haben, trotzdem noch lange nicht das gleiche leisten. Sicherlich kannst du das auch aus deiner Erfahrung bestätigen: Ein Mitarbeiter macht seinen normalen Job und verlässt jeden Tag pünktlich um halb 6 die Praxis. Der andere Mitarbeiter ist dagegen sehr engagiert und trägt zum Erfolg deiner Praxis bei.
Ein unterschiedlicher Wert für deine Praxis
Obwohl die beiden Mitarbeiter einen unterschiedlichen Wert für deine Praxis haben, verdienen sie am Ende genau das gleiche. Das ist doch unfair! Und das empfinden auch die Angestellten so: Die Leistungswilligen werden schnell frustriert, weil sie sehen, dass sich ihre Leistung eben nicht lohnt.
Denn sind wir mal ehrlich: Deine Arzthelferinnen wissen untereinander ganz genau, wer was leistet; wer zum Praxiserfolg beiträgt und wer nicht. Und – auch wenn es vielleicht in einigen Verträgen eine Verschwiegenheitsklausel gibt – wissen sie untereinander auch ganz genau, wer wie viel verdient.
Frustration der leistungsstarken Mitarbeiter
Ist einer der leistungsstarken Mitarbeiter frustriert, haben einige sicherlich den Mut, das ihrem Arbeitgeber gegenüber direkt anzusprechen. Aber was ist dann die Lösung?
Stell dir vor, einer deiner besten Angestellten kommt zu dir und bittet aufgrund seiner Leistung um eine Gehaltserhöhung. Die kannst du eigentlich nicht geben, da das Gehalt offiziell nicht an die Leistung gebunden ist. Erhöhst du nun das Gehalt dieser Person, werden in Kürze auch die anderen Angestellten nach der gleichen Erhöhung fragen.
Du hast in diesem Szenario die Wahl:
- Entweder du frustrierst deine besten Mitarbeiter noch mehr, weil du ihnen keine Erhöhung gibst. Diese Demotivation wird auf jeden Fall zu einem Leistungsabfall führen und über kurz oder lang werden sie deine Praxis verlassen.
- Oder du erhöhst – ungerechtfertigter Weise – die Gehälter aller Angestellten, um weiterhin gleiche Löhne zu bezahlen. Das sind für dich aber unnötige Kosten und für die Leistungsträger ist es auch nicht die gewünschte Befriedigung, da sie im Praxisalltag ja immer noch mehr geben als ihre Kollegen.
Der faire Weg: Eine leistungsgerechte Bezahlung
Die in unseren Augen einzige faire Lösung für dieses Problem ist eine leistungsgerechte Bezahlung. Denn wenn das Gehalt ganz offiziell an die Leistung gebunden ist, dann kann es auch keine Diskussionen darüber geben, ob es nun fair ist oder nicht, dass eine Arzthelferin mehr verdient als die andere.
Wie setzt sich eine leistungsgerechte Bezahlung zusammen?
Wie kann so eine leistungsgerechte Bezahlung nun aussehen? Unser Rat ist ein Gehalt, das sich aus fixen und variablen Bausteinen zusammensetzt.
Dabei berechnet sich der fixe Anteil wie gewohnt aus dem Tarif, der Qualifikation und der Arbeitserfahrung. Aber jeder Angestellte hat es selbst in der Hand, wie der variable Teil ausfällt.
Der variable Teil setzt sich dabei aus drei unterschiedlichen Boni zusammen: Ein Bonus basierend auf einem persönlichen Jahresziel, ein Bonus basierend auf einem Praxisjahresziel und ein Bonus basierend auf einer Mitarbeiterbeurteilung.
Das persönliche Jahresziel
Der erste Bestandteil ist das persönliche Jahresziel: Das heißt, du vereinbarst mit jedem deiner Angestellten ein persönliches Jahresziel. Dieses sollte etwas mit dem Job der Person zu tun haben, aber ein bisschen darüber hinausgehen.
Beispiele für persönliche Jahresziele
In einer Praxis für Kieferorthopädie, die wir betreuen, zeigte sich, dass einige der Arzthelferinnen nicht so gut darin waren, den Patienten Behandlungen und Leistungen zu erklären. Es kam immer wieder zu Missverständnissen, welche Leistungen die Kasse zahlt und welche Leistungen die Patienten selbst tragen müssen.
Jedoch gab es aber auch eine Rezeptionistin in der Praxis, die kommunikativ sehr gut geschult war und der dieses Problem auffiel. Sie machte es sich zum persönlichen Jahresziel gemacht, die Kommunikation in der gesamten Praxis zu verbessern und erstellte hierfür einen Leitfaden für alle Angestellten.
Ein anderes Beispiel, das sicherlich zu vielen Praxen passt: Über die Jahre wird die Ablage von Unterlagen in vielen Praxen immer größer und oftmals auch unübersichtlicher. Selbst wenn vielleicht alles in Ordner abgeheftet ist, tun die Angestellten sich schwer, die richtigen Unterlagen schnell und einfach zu finden. Ein mögliches Jahresziel wäre es, die Ordner neu zu sortieren, strukturieren und beschriften, so dass alle Unterlagen wieder leicht auffindbar sind.
Eine andere Idee für ein Jahresziel könnte sein, dass ein Angestellter sich um einen Azubi kümmert, der sich in der Schule vielleicht etwas schwertut. Da wäre das Jahresziel dann, den Notendurchschnitt um beispielsweise eine halbe Note zu verbessern.
Ein Jahresziel kann aber auch näher an den eigentlichen Aufgaben liegen.
- Ein Rezeptionist kann es sich zur Aufgabe machen, die Zahl der verpassten Anrufe in der Praxis zu reduzieren.
- Eine Assistenz nimmt sich vor, die Fehlerquote in der Dokumentation zu reduzieren.
- Ein Mitarbeiter kümmert sich um die Social-Media-Kanäle der Arztpraxis.
- Ein Mitarbeiter übernimmt eine „Feel Good Manager“-Funktion für das gesamte Team.
Worauf du bei den Jahreszielen achten musst
Wichtig ist, dass das Jahresziel in der normalen Arbeitszeit zu erreichen ist. Es geht nicht darum, dass deine Angestellten Überstunden schieben, sondern dass sie Leerlaufphasen, die es ja in jeder Praxis mal gibt, effizienter nutzen und sie mit wertschöpfenden Tätigkeiten füllen.
Und wichtig ist auch, dass zu Beginn des Jahres klar definiert wird, wie das erreichte Ziel in Zahlen, Daten und Fakten aussieht. Es muss ganz objektiv bewertbar sein, ob ein Ziel komplett erreicht wurde oder nicht. Hierauf kommen wir später nochmal zurück!
Das Praxisjahresziel
Der zweite variablen Baustein ist das Praxisjahresziel. Wie das Praxisjahresziel aussieht, ist ganz individuell von der jeweiligen Praxis abhängig.
Eine Möglichkeit wäre es zum Beispiel, das Praxisjahresziel an den Umsatz zu binden. Eine Zahnarztpraxis könnte sich vornehmen, die PZR-Quote, um x Prozent zu steigern. Ein Augenarzt kann sich eine höhere OCT-Quote vornehmen. Eigentlich funktioniert dieses Praxisjahresziel mit jeder beliebigen Selbstzahlerleistung.
Beispiel: PZR-Quote steigen
Am Ende wird die Zahnreinigung von einer der Helferinnen durchgeführt, aber es ist dennoch ein Ziel, zu dem alle Angestellten in der Praxis beitragen können.
- Die Rezeptionistin kann, wenn sie einen neuen Termin mit einem Patienten ausmacht, nachsehen, wann dieser seine letzte Zahnreinigung hatte. Liegt diese schon länger zurück, macht sie ihn darauf aufmerksam und erklärt kurz, die Vorteile einer regelmäßigen professionellen Zahnreinigung.
- Die Zahnarzthelferin selbst kann das Thema ansprechen, während sie gemeinsam mit dem Patienten auf den Arzt wartet.
- Das Praxisteam kann gemeinsam an Informationsmedien, wie Plakaten und Broschüren für das Wartezimmer arbeiten.
Es geht einfach darum, mit den Patienten zu kommunizieren und sie auf die Leistung aufmerksam zu machen.
Das Ziel ist es dabei ganz klar nicht, jemandem etwas aufzuschwatzen. Es geht nur darum, den Patienten aufzuklären, so dass er eine informierte Entscheidung treffen kann. Sicherlich bist du Mediziner geworden, um zu heilen und zu helfen. Dazu gehört ja auch – ganz unabhängig vom Umsatz – dass du deine Patienten aufklärst. So dass sie selbst entscheiden können, welche Vorsorgeuntersuchungen sie in Anspruch nehmen wollen.
Ein Praxisjahresziel muss aber gar nicht unbedingt an den Umsatz gekoppelt sein – du kannst dir mit deinem Team auch etwas ganz anderes vornehmen.
Zwei weitere Beispiele für Praxisziele
Ein aktuelles Beispiel aus einer Praxis, die wir betreuen: Hier haben wir als Praxisziel definiert, dass wir die Patientenzufriedenheit steigern wollen. Bei diesem Ziel kann auch das ganze Team von Anfang bis Ende mithelfen. Aktuell sind wir dabei, die Fragebögen für die Patientenbefragungen zu erarbeiten: Alle Mitarbeiter haben die Aufgabe, zum wöchentlichen Team-Meeting neue Fragen mitzubringen. Und in den nächsten Schritten unterstützen alle bei der Umsetzung, bei der Auswertung und bei der Definition der Maßnahmen, um die Patientenzufriedenheit zu erhöhen.
Das Team kann alternativ gemeinsam das Reputationsmanagement in Angriff nehmen und sich vornehmen, die Zahl der Bewertungen auf Plattformen wie Jameda und Google zu erhöhen. Auch hier kann wieder jeder in der Praxis etwas beitragen und sich überlegen, wie man zufriedene Patienten dazu anregt, die Praxis auf einer Plattform zu bewerten.
Die Mitarbeiterbeurteilung
Der letzte variable Teil ist der Bonus aus der Mitarbeiterbeurteilung. Die Beurteilung kannst du ganz einfach in die Jahresgespräche mit deinen Mitarbeitern integrieren. Sie besteht aus mehreren Punkten, die für eine effiziente und reibungslose Arbeit in der Praxis wichtig sind.
Mögliche Bereiche für deine Mitarbeiterbeurteilung
Wir haben für unsere Praxen einen Bogen entworfen, der 13 unterschiedliche Punkte beinhaltet. Diese kann jeder Arzt dann für sich umformen, so dass es zur eigenen Praxis und den eigenen Vorstellungen passt.
Beispiele aus dem Fragebogen sind:
- Fachkenntnis
- Einsatzbereitschaft
- Arbeitstempo
- Arbeitsqualität
- Umgang mit den Patienten
Dieser Bogen ist allen Mitarbeitern in der Praxis von Vertragsbeginn an bekannt: So weiß jeder, was die Maßstäbe sind und es gibt im Mitarbeitergespräch keine bösen Überraschungen.
Vor dem Gespräch füllen sowohl der Mitarbeiter als auch du den Bogen aus: Für jede Kategorie trägst du ein, wie du den Mitarbeiter bewertest und der Mitarbeiter trägt selbst ein, wo er sich aktuell sieht. Im Gespräch gleicht ihr eure Vorstellungen dann ab und argumentiert, wenn nötig, eure unterschiedlichen Standpunkte. So kommt ihr ins Gespräch und sprecht nach und nach über alle wichtigen Punkte auf der Liste.
Am Ende des Gesprächs zählt dann die Bewertung, die du deinem Mitarbeiter gibst: Diese werden in Schulnoten notiert und ergeben einen Notendurchschnitt.
Die leistungsgerechte Bezahlung berechnen
Nun kennst du die drei Bestandteile, die die variable Vergütung bei der leistungsgerechten Bezahlung ausmachen. Doch wie berechnet sich aus diesen Bestandteilen nun das Gehalt?
Das leistungsgerechte Gehalt berechnen
- Der Mitarbeiter bekommt ein fixes Grundgehalt, das 10% unter dem liegt, was er laut Tarif, Arbeitserfahrung und Qualifikation eigentlich bekommen würde.
- Erreicht er sein persönliches Jahresziel komplett, erhält er hierfür einen Bonus von 8%. Das ist der größte Baustein, denn das ist auch das einzige Ziel, das dein Mitarbeiter vollkommen selbst in der Hand hat.
- Erreicht die Praxis das gemeinsame Jahresziel erhalten die Mitarbeiter weitere 7%.
- Durch die Mitarbeiterbeurteilung erhalten die Mitarbeiter weitere 5%.
So kann jeder Mitarbeiter in deiner Praxis sich durch die variablen Bausteine bis zu 20% Bonus erarbeiten – und somit deutlich über dem Tarif liegen. Wenn er eben die entsprechende Leistung bringt.
Alle drei Bausteine können dabei auch anteilig erreicht werden: Wird beispielsweise das persönliche Jahresziel zu 80% erreicht, wird auch der Bonus zu 80% ausgezahlt.
Ziele und Anforderungen messbar machen
Hierfür ist es, wie anfangs schon angesprochen, ganz entscheidend, dass alle Ziele und Anforderungen ganz transparent kommuniziert und absolut messbar gemacht werden. Sowohl für dich als auch für deinen Mitarbeiter muss zu jeder Zeit klar sein, wie viel Prozent des Ziels schon erreicht sind und was noch zu tun ist, um 100% zu erreichen.
Die Auszahlung der Boni
Der größte Vorteil dieses Systems ist, dass du als Chef nie wieder das Gehalt mit deinen Mitarbeitern diskutieren musst: Jeder Mitarbeiter hat seine Boni und seine jährliche Gehaltssteigerung selbst in der Hand.
Die Boni für das persönliche Ziel und für das Praxisjahresziel erhält der Mitarbeiter im darauffolgenden Jahr in zwei Raten, im Juni und im November.
Anders ist es mit dem Ergebnis aus der Mitarbeiterbeurteilung: Die persönliche Bewertung durch dich als Chef erhöht ab dem 1. Januar des Folgejahrs das monatliche Grundgehalt. Jeder Mitarbeiter kann also durch seine Leistung und sein persönliches Engagement neben zwei Einmalzahlungen auch das Grundgehalt um bis zu 5% pro Jahr erhöhen.
Echte Leistungsträger an deine Praxis binden
Die leistungsgerechte Bezahlung führt dazu, dass die echten Leistungsträger in deiner Praxis nach ein paar Jahren ein recht hohes Gehalt verdienen. Das ist aber nicht wichtig: Denn du hast dafür auch Mitarbeiter, die absolut engagiert sind und vollkommen loyal hinter dir und deiner Praxis stehen. Die Verbesserungspotentiale aufdecken und mit dir gemeinsam, das Beste aus deiner Praxis herausholen.
Die Mitarbeiter, die nicht diese Leistung in deiner Praxis erbringen, werden auch langfristig ihr Gehalt nicht nennenswert erhöhen. Aber deine wirklich guten Mitarbeiter machst du über die Zeit unabwerbbar. Denn keine andere Arztpraxis wird ihnen das bieten, was du ihnen bietest. So sparst du dir am Ende durch die bessere Bezahlung der Leistungsträger hohe Kosten, um neues Personal für deine Praxis zu finden und einzulernen.