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[4] Worauf du bei der Personalauswahl achten solltest

Worauf du bei der Personalauswahl achten solltest

(Reihe: Personal gewinnen und behalten)

Eine gute Personalauswahl ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg deiner Arztpraxis. In diesem Beitrag erfährst du, welche Kriterien bei der Personalauswahl eine Rolle spielen. Wir verraten dir, welche Bewerbungsunterlagen wirklich wichtig sind, welche Fragen du im Vorstellungsgespräch stellen solltest und wie das Probearbeiten in deiner Praxis aussehen kann.

Dieser Beitrag ist der zweite Artikel in unserer Reihe „Personal gewinnen und behalten“. Im ersten Beitrag ging es darum, wie du passende Bewerbungen generierst. In den kommenden Artikeln beschäftigen wir uns mit der leistungsgerechten Bezahlung und damit, wie es dir gelingt, dein Personal langfristig in deiner Praxis zu behalten.

 

Das Schulzeugnis

Die Durchsicht der Bewerbungsunterlagen beginnt mit dem Schulzeugnis. Hierbei interessieren wir uns sowohl für den gesamten Durchschnitt als auch für ein paar Einzelnoten.

Für den Erfolg deiner Praxis ist es vollkommen unerheblich, welche Noten deine Angestellten in Musik, Religion oder Ethik haben. Aber es ist mehr als wichtig, dass sie logisch denken können und ein gutes Sprachgefühl haben. Aus diesem Grund solltest du dir vor allem die Mathe- und Deutschnote ansehen.

Die Mathenote

Mathematik in der Schule schult vor allem das logische, vernetzte Denken und das Arbeiten mit exakten Vorgaben. Das sind zwei Fähigkeiten, die wir uns von jedem Mitarbeiter deiner Praxis wünschen.

Eine Person, die in Mathe eine 5 hat, ist demnach höchstwahrscheinlich nicht die richtige Besetzung für deine Praxis. Natürlich gibt es immer wieder Ausnahmen: Vielleicht hattest auch du schon Mal einen wunderbaren Mitarbeiter, der aber in Mathe eine 5 hatte. Diese Ausnahmen gibt es, aber über die Jahre haben wir festgestellt, dass es sich dabei wirklich um Ausnahmen handelt.

Die Deutschnote

Das gleiche gilt für die Deutschnote: Hier sind wir sogar der Meinung, dass eine 4 ein Ausschlusskriterium ist. Denn eine gute Arzthelferin muss in erster Linie auch gut kommunizieren können. Dafür braucht sie ein gutes Sprachgefühl und einen entsprechenden Wortschatz – dieser ist bei Note 4 in Deutsch in der Regel nicht vorhanden. Auch hier bestätigen natürlich Ausnahmen die Regel!

Der Gesamtschnitt

Nach diesen beiden Einzelnoten schauen wir uns den Gesamtschnitt an. Als grobe Faustregel sollte der Schnitt bei einem Realschulabschluss im Einserbereich, beim Abitur mindestens im Zweierbereich liegen.

Durch diesen Gesamtschnitt kriegst du eine erste Idee, wie smart der Bewerber ist und ob er bereit ist, sich für ein gutes Ergebnis ins Zeug zu legen. Denn auch das sind ja zwei Eigenschaften, die wir uns von deinen Mitarbeitern wünschen!

Die individuelle Bewertung

Zuletzt solltest du dir die kurzen Sätze durchlesen, die in den meisten Zeugnissen geschrieben stehen. Oftmals sind das nur positive Standardsätze, die nicht viel über die Person aussagen. Aber manchmal entdeckst du hier auch richtig interessante Hinweise auf die Persönlichkeit des Bewerbers.

Die Ausbildung

Der nächste interessante Lebensabschnitt ist die Ausbildung. Fordere hier auf jeden Fall das gesamte Abschlusszeugnis an, wenn der Bewerber dir nur sein IHK-Zertifikat gesendet hat.

Denn ähnlich wie beim Schulzeugnis wollen wir nicht nur wissen, ob die Person einen Abschluss hat, sondern wie gut der Abschluss insgesamt ist und wie er in den verschiedenen Bereich abgeschnitten hat. All das gibt dir weitere Informationen für ein möglichst konkretes Gesamtbild des Bewerbers.

Der Lebenslauf

Im nächsten Schritt geht es an den Lebenslauf und die letzten Arbeitsstellen des Bewerbers. Auch hier interessieren wir uns vor allem für die Zeugnisse, die der Arbeitgeber ausgestellt hat. Tatsächlich ist sogar nur der letzte Satz entscheidend, denn dieser verrät dir alles, was du über das Arbeitsverhältnis wissen musst.

Steht da so etwas drin wie „Frau Mayer verlässt unsere Praxis auf eigenen Wunsch“ oder „wir bedauern sehr, sie zu verlieren und hätten sie sehr gerne weiterbeschäftigt“? Oder steht da, dass das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen beendet werden musste. Oder einfach gar nichts?

Steht da nicht, dass der ehemalige Arbeitgeber bedauert, dass Frau Mayer geht, ist das ein klares Indiz, dass er ist, sie losgeworden zu sein.

In so einem Fall solltest du den Bewerber im Vorstellungsgespräch direkt fragen, woran das lag. Viele Bewerber scheuen sich, darüber zu sprechen, dabei ist es vollkommen in Ordnung, wenn eine Anstellung mal nicht gut geklappt hat. Nicht jede Person passt in jede Praxis und in jedes Team.

Aber du solltest im Vorstellungsgespräch herausfinden, woran es lag. Denn dann kannst du bewerten, ob das Thema auch in deiner Praxis zum Problem werden könnte; oder ob es einfach an der anderen Praxis lag.

Den Lebenslauf hinterfragen

Ist das Zeugnis sehr gut und der Arbeitgeber bedauert, dass der Bewerber geht, kannst du das im Vorstellungsgespräch hinterfragen. Zum Beispiel: „Frau Mayer, Sie waren mehrere Jahre in der Praxis angestellt. Warum sind Sie denn jetzt gegangen? Ihr Chef scheint das sehr zu bedauern!“

Wie gerade schon erwähnt, sind die meisten Gründe in Ordnung. Denn nicht immer stimmt die Chemie in einer Praxis und dann ist es verständlich, dass der Bewerber sich etwas Neues sucht.

Aber wenn ein Bewerber aus mehreren Praxen geflogen ist, solltest du das detailliert hinterfragen. Erhältst du keine zufriedenstellende Antwort, die die Situation wirklich erklärt, dann erkundige dich auch, ob du mit den ehemaligen Arbeitgebern Kontakt aufnehmen darfst. In der Regel erzählt der Bewerber dir dann doch, was du von Anfang an hören wolltest – oder er erteilt dir nicht die Erlaubnis und damit ist das Vorstellungsgespräch erledigt.

Lücken im Lebenslauf

Schau dir abgesehen von den Zeugnissen auch an, wie schlüssig ein Lebenslauf ist. Was gibt es für Lücken? Und wieso gibt es diese? Unerklärte Lücken wären dann gegeben Falls auch im Gespräch zu hinterfragen.

Interessant ist zudem, wie lange die Person generell bei den jeweiligen Arbeitgebern beschäftigt war. Wechselt eine Person alle paar Monate die Praxis sollten bei dir die Alarmglocken schrillen. Denn wer schon so oft den Arbeitgeber gewechselt hat, der ist auch in deiner Praxis nicht lange.

Fragen für das Vorstellungsgespräch

Anhand der Zeugnisse und des Lebenslaufs hast du nun schon einige Fragen für das Vorstellungsgespräch gesammelt. Diese sind ganz individuell, denn es kommt immer auf den einzelnen Bewerber an.

Es gibt aber auch ein paar Fragen, die du in jedem Bewerbungsgespräch stellen kannst. Und ich würde dir auch dazu raten, sie zu stellen – denn sie geben dir wertvolle Informationen darüber, wie gut der Bewerber in deine Praxis passt.

Vorstellungen erfragen

Die erste Frage lautet: „Nennen Sie mir drei Gründe, weswegen Sie eine Praxis verlassen würden. Was können Sie überhaupt nicht ausstehen? Was nervt Sie?“

Interessanterweise ist hier der meistgenannte Grund: Zickenkrieg. Das ist einer der Hauptkündigungsgründe von wirklich guten Leuten. Diese erzählen uns im Vorstellungsgespräch oft, dass es in der alten Praxis kein richtiges Team gab und sie sich daher nach einer neuen Stelle umsehen.

Anschließend stellst du am besten direkt die Gegenfrage: „Was sind die drei Dinge, die Sie sich für Ihre Traumpraxis wünschen?“

Klassischerweise nennen die meisten dann erstmal ein gutes Team, eine gute Bezahlung und einen guten Chef. Das sind Standardaussagen und erst danach wird es interessant! Lass diese also nicht gelten, sondern frage weiter bis sie die wirklichen Vorstellungen ansprechen.

Nach und nach kommen dann Vorstellungen rund um Weiterbildung, Karrierechancen und Perspektiven. Das sind die Punkte, auf die es bei der Personalauswahl ankommt und die du über die Bewerber wissen.

Vorstellungen definieren

Sind alle Punkte genannt, kannst du im Detail nachfragen, wie die Bewerber sich diese vorstellen. Frag zum Beispiel:

  • Was ist ein nettes Team für Sie?
  • Woran machen Sie das fest?
  • Was ist denn eine gute Bezahlung?
  • Was für Weiterbildungen wären Ihnen denn wichtig?
 

Wichtig ist, dass du das Gesagte dabei noch nicht bewertest oder zu viel darauf eingehst. Am besten sagst du nur ganz wenig und bestärkst den Bewerber einfach darin, weiterzusprechen. Zum Beispiel könntest du sagen:

  • Das kann ich gut verstehen. Wie soll das genau sein?
  • Das ist nachvollziehbar. Was stellen Sie sich exakt darunter vor?
 

So hältst du den Bewerber am Reden und kannst möglichst viel in einem Gespräch herausfinden. Die positiven sowie die negativen Aspekte. Du erfährst, wie eine Zusammenarbeit mit dem Bewerber gut laufen könnte und was den Bewerber schnell wieder aus deiner Praxis vertreiben würde.

Vorstellungen abgleichen

Weißt du dann ganz genau, wie der Bewerber sich eine Traumpraxis vorstellt und was der Person wichtig ist, bist du an der Reihe!

Wenn du den letzten Blogbeitrag gelesen hast, weißt du schon, was jetzt kommt, denn das zählt für den gesamten Bewerbungsprozess: Wann immer du von deiner Praxis sprichst, sei ehrlich! Es bringt nichts, wenn du einem Bewerber erzählst, dass deine Praxis genau so ist, wie er sich das vorstellt – es aber in der Realität nicht so ist. Das finden neue Angestellte in den ersten Tagen im Job heraus und dann hast du sie schon wieder halb verloren.

Sei aber nicht nur ehrlich, sondern zeig auch Perspektiven auf: Wenn du zum Beispiel weißt, dass der Bewerber wert auf ein gutes Team legt und dein Team ist gerade noch nicht gut, dann sag das. Zeig aber gleichzeitig, dass du dabei bist, ein gutes Team aufzubauen und der vor dir sitzende Bewerber ein wichtiger Bestandteil dafür wäre.

 

Zeit nehmen

So ein ausführliches Vorstellungsgespräch dauert natürlich seine Zeit. Je nach Bewerber kann das 1,5 bis 2 Stunden gehen. Doch danach weißt du wirklich, was für eine Person vor dir sitzt und ob diese gut in deine Praxis passen könnte. Und auch der Bewerber hatte ein klares Bild davon, was ihn erwartet und es gibt im Job keine bösen Überraschungen.

Die Probearbeitstage

Bist du mit dem Vorstellungsgespräch zufrieden, folgt der nächste Schritt in der Personalauswahl: Der Probearbeitstag, beziehungsweise, wir raten dir zu zwei Probearbeitstagen.

Der erste Probearbeitstag

Beim ersten Probearbeitstag schaut der Bewerber sich die Praxis an und lernt die Leute kennen. So kann er einschätzen, wie in der Praxis gearbeitet wird, wie das Team ist und ob er sich grundlegend vorstellen kann, Teil der Praxis zu werden.

Das ist sozusagen der klassische Probearbeitstag, den viele Praxen anbieten. Jedoch hat das nicht viel mit Probearbeiten zu tun, denn der Bewerber schaut ja nur zu. Darum ist es wichtig, einen zweiten Tag zu vereinbaren, an dem der Bewerber schon ein bisschen mit anpackt.

Der zweite Probearbeitstag

Am zweiten Probearbeitstags können du und dein Team die Fähigkeiten des Bewerbers im Praxisalltag testen. Wie geht der Bewerber zum Beispiel mit den Patienten um? Das findest du am besten heraus, wenn du ihn mal selbst – natürlich unter Beobachtung einer erfahrenen Kraft – an die Rezeption stellst oder ans Telefon gehen lässt.

Das geht sogar schon mit Azubis. Auch wenn diese fachlich noch nicht so weit sind, kannst du so direkt sehen, wie sie mit Menschen umgehen.

Und eine fertig ausgebildete MFA oder ZFA kann am zweiten Probearbeitstag schon richtig mitarbeiten. Sie hat am ersten Tag schon alles gesehen und konnte all ihre Fragen stellen. Am zweiten Tag kann sie dann ihre Fähigkeiten in der Praxis zeigen.

Einen Host zur Seite stellen

An den Probearbeitstagen ist es wichtig, dass die Person nicht den ganzen Tag in einem Bereich verbringt. In den Praxen, die wir betreuen, ist es üblich, dass Bewerber bei ihrem Probetag von einem Host begleitet werden. Das ist eine Person aus dem bestehenden Team, bei der wir vorab davon ausgehen, dass sie persönlich gut zum Bewerber passt.

Der Host hat dann die Aufgabe, sich an diesem Tag um den Bewerber zu kümmern. Das heißt er bringt ihn zu den verschiedenen Bereichen, die der Bewerber an dem Tag durchlaufen soll, und holt ihn wieder ab.

Auf dem Weg von einem Bereich zum anderen können der Host und der Bewerber sich austauschen. So erfährst du durch den Host, wie der Bewerber sich geschlagen hat und wie es ihm gefallen hat.

Zudem sollte der Host den Bewerber auch zum Mittagessen mitnehmen. So bekommt er einen Einblick in das Sozialleben in der Praxis und wird direkt integriert.

Zusammengefasst ist es die Aufgabe des Hosts, sich den ganzen Tag um den Bewerber zu kümmern. Zuallerletzt bringt er den Bewerber abends in dein Büro für ein abschließendes Gespräch mit dir.

Das abschließende Gespräch

Nimm dir für dieses Gespräch nochmal eine gute Viertelstunde Zeit und frag den Bewerber nach seinen Erfahrungen und Erlebnissen am Tag. Was fand die Person gut? Was fand sie nicht so gut? Gibt es vielleicht sogar Dinge, die in der alten Praxis besser waren und wo ihr noch etwas lernen könnt? Das sind wunderbare, kostenlose Tipps aus der Realität, mit denen du deine Praxis noch mehr verbessern kannst.

Der Vertrag

Haben du und dein Team nach dem zweiten Probearbeitstag einen positiven Eindruck von dem Bewerber, sollte abends beim letzten Gespräch mit dir ein vorbereiteter Vertrag auf dem Tisch liegen.

Oftmals ist es nämlich leider so, dass zwischen dem letzten Probearbeiten und dem Versand des Vertrags mehrere Tage bis Wochen vergehen. In der Zwischenzeit hat der Bewerber keine Ahnung, ob er die Stelle bei dir wirklich bekommt – und schaut sich weiterhin um. Bietet eine andere Praxis schneller einen Vertrag an, ist das Risiko hoch, dass du deinen Wunschkandidaten wieder verlierst. Und das wollen wir auf jeden Fall vermeiden!