[47] Gehaltserhöhung für Praxismitarbeiter: Der ultimative Leitfaden!


Gehaltserhöhung für Praxismitarbeiter: Der ultimative Leitfaden!

Als Praxisinhaber, dem seine Mitarbeiter am Herzen liegen, bewegt auch Dich um den Jahreswechsel herum die Frage: Wie sieht’s denn eigentlich mit den Gehältern der Mitarbeiter aus? Müsste ich da nicht mal wieder was drauflegen?

 

Die Antwort ist einfach: Ja, ganz bestimmt, denn auch bei Deinen Mitarbeitern fordert die Inflation Ihren Tribut. Doch wieviel solltest Du drauflegen? Oder wäre es nicht vielleicht besser, statt einer Lohnerhöhung einen der vielen steueroptimierten Benefits on Top zu geben? Und wie sieht es denn mit dem steuer- und sozialabgabenfreien Inflationsausgleich aus – wäre das vielleicht was?

 

Du siehst, es gibt wirklich viele Möglichkeiten beim Thema „Gehaltserhöhung für Praxismitarbeiter“. Im heutigen Blogbeitrag geht es rund um die Frage: „Was und wieviel ist richtig?“.

Schritt #1: Faires Grundgehalt

Neben den Insidertipps dieses Blogbeitrags sind es natürlich in erster Linie deine Mitarbeiterinnen die Dich dabei unterstützen, Deine Praxis weiterzubringen. Und genau um die und deren Gehalt geht es heute. Bevor wir nun aber die einzelnen Möglichkeiten beim Thema „Lohnerhöhung“ betrachten, müssen wir erstmal über ein paar ganz grundlegende Fragen sprechen: Die Kernfrage, bevor wir über Lohnerhöhungen reden, ist die Frage: „Was verdienen deine Mitarbeiter denn heute überhaupt schon?“

 

Und da taucht in den meisten Antworten dann sehr schnell das Wort „Tarif“ mit auf. Nun stellt sich die Frage: „Wann hast du das letzte Mal die Lohnabrechnung deiner Mitarbeiter genau angeguckt? Und zwar das Nettogehalt?“. Willst Du allen Ernstes behaupten, dass davon jemand leben kann? Miete, Strom, Gas, Wasser, Heizung bezahlen, den Kühlschrank füllen, was Schickes zum Anziehen kaufen, am Wochenende weggehen und auch mal in Urlaub fahren? Wie soll das gehen?

 

Meines Erachtens ist es empörend, im Zusammenhang mit einer guten MFA oder ZFA überhaupt noch über Tarifgehälter zu reden. Das Einstiegsgehalt einer MFA nach der Ausbildung beläuft sich laut Tarif aktuell auf 2.207€ brutto. Das ist ein Stundenlohn von 13,33 €. Das liegt also gerade mal knapp über dem Mindestlohn!

 

Nur mal zum Vergleich: Wenn Du heute als ungelernter Regalauffüller bei ALDI oder Lidl anfängst bekommst Du als Einstiegsstundenlohn bereits 16 €. Das gleiche erhältst Du, wenn Du bei Mr.Wash als ungelernter Helfer, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, mit der Dampfstrahlpistole die einfahrenden Autos absprühst. Und Deiner Mitarbeiterin, die im Regelfall einen qualifizierten Haupt- oder Realschulabschluss hat, also 10 Jahre zur Schule gegangen ist und anschließend eine 3 jährige Ausbildung absolviert hat, willst Du 20% weniger zahlen?

 

Außerdem ist es ja doch auch noch ein kleiner Unterschied, ob ich Milch- und Zuckertüten in das Regal einräume oder ob ich Mitverantwortung für die Patienten und deren Gesundheit trage. Also kannst Du sicher verstehen, wenn ich es für selbstverständlich halte, dass auch das bei der Gehaltshöhe mitzubeachten ist.

Mindestgrenze festlegen

Auch auf die Gefahr hin, jetzt im ein oder anderen Fall lautstarke Empörung hervorzurufen, sage ich ganz deutlich, dass ich alles unter 18 € brutto pro Stunde für unangemessen halte. Das sind bei einer 38,5 Stunden Woche genau 3.000 € mtl. – und das ist eine gute MFA bzw. ZFA ganz sicher auch wert!

 

3.000 € brutto sind bei Steuerklasse I rund 2.000 € netto und das ist eine Größenordnung, mit der man in den meisten Ecken Deutschlands wirtschaftlich vernünftig auf eigenen Beinen stehen und auch mal in Urlaub fahren kann.

Klar ist, dass in Metropolen wie München oder Frankfurt da sicher nochmal ein Zuschlag angesagt ist.

 

Wenn Du jetzt entgegnest, dass Du Dir das nicht leisten kannst, dann läuft in Deiner Praxis was schief und Du solltest Dich dringend um die Optimierung der Wirtschaftlichkeit kümmern. Hierzu empfehle ich Dir die Blogbeiträge über drei unbequeme Wahrheiten, wieso Du als Praxisinhaber nur 50% von dem verdienst, was möglich ist. Im ersten Blogbeitrag geht es um das Kennzahlenmanagement, im zweiten um die Führungskompetenz und im dritten um die Positionierung.

 

Solltest Du gerade festgestellt haben, dass die Bezahlung Deiner Mitarbeiterinnen unter diesem Gehaltsniveau liegt, würde ich dringend dazu raten umgehend eine entsprechende Anpassung vorzunehmen. Oftmals kommt an dieser Stelle der Einwand: Ja, wir liegen zwar unter diesem Gehalt, aber bei uns gibt es zusätzlich noch Weihnachtsgeld oder eine betriebliche Altersversorgung. Das ist ganz sicher löblich, nur leider hat das Deine Mitarbeiterin meist nicht im Kopf, wenn sie bei Aldi an der Kasse steht und in das leere Portemonnaie guckt. Alle derartigen Extras fangen überhaupt erst dann an Sinn zu machen, wenn das monatliche Nettogehalt ausreicht, um davon leben zu können.

Schritt #2: Leistungsorientierte Bonifikationen

Wie sagte bereits Berthold Brecht: „Zuerst kommt mal das Fressen“. Oder um es etwas vornehmer mit einem wissenschaftlichen Ansatz zu formulieren: Solange die unterste Stufe der Maslowschen Bedürfnispyramide, also die physiologischen Bedürfnisse, nicht gedeckt sind, interessiert sich der Mensch für nichts anderes.

 

Sobald sich die elementaren Grundbedürfnisse Deiner Mitarbeiter mit dem Gehalt decken lassen und ihr Sicherheitsbedürfnis damit befriedigt ist, geht es um die sozialen Bedürfnisse, Teamarbeit und Kommunikation, sowie das Thema Wertschätzung. Und hier taucht neben dem Thema Lob, erneut das Thema Bezahlung auf. Diesmal aber Bezahlung im Vergleich zu den anderen Kolleginnen.

 

Tarifgehälter versuchen hier Gerechtigkeit über die Dauer im Beruf und die erworbenen Zusatzqualifikationen herzustellen. Es sei mir die Frage gestattet, ob das wirklich Gerechtigkeit in der Bezahlung herstellt.

Beispiel: Gerechtigkeit zwischen Mitarbeitern schaffen

Stell dir zwei Mitarbeiterinnen vor, die gleich lang im Beruf sind und über vergleichbare Qualifikationen verfügen, somit laut Tarif also gleich bezahlt werden sollen. Die eine ist immer bereit auch mal länger zu bleiben, wenn in der Praxis noch was zu tun ist. Die andere achtet genau darauf, pünktlich aus der Praxis zu kommen.

 

Die eine Mitarbeiterin sieht von alleine, wenn irgendwo noch unerledigte Arbeit wartet und kümmert sich unaufgefordert darum, diese zu erledigen. Die andere sieht vornehm über unerledigte Arbeit hinweg und kümmert sich einzig und allein darum, angewiesene Tätigkeiten zu erledigen. Beide Mitarbeiterinnen erhalten gemäß Tarif das gleiche Gehalt. Ist das wirklich gerecht?

 

Hier Gerechtigkeit zu schaffen ist einzig und allein mit dem Konzept der leistungsorientierten Mitarbeiterbezahlung möglich. Diese ist als Zusatzmodul zum Grundgehalt zu verstehen. Durch dieses Modul wird übrigens auch automatisch jährlich eine leistungsabhängige Lohnerhöhung gesteuert.

 

Wenn Dich dieses Thema interessiert, empfehle ich Dir den Blogbeitrag über leistungsgerechte Bezahlung

 

Schritt #3: Steuerorientierte Benefits

Damit hätten wir nun die Basis einer seriösen und gerechten Mitarbeiterbezahlung besprochen und können uns nun steuerorientierten Benefits und Zusatzleistungen zuwenden. Da sind natürlich als erstes diejenigen interessant, bei denen der direkte Netto-Nutzen für Deine Mitarbeiter möglichst hoch ist: Neben der Übernahme der Kosten für die Monatskarte des ÖPNV, dem sog. Jobticket, besteht auch die Möglichkeit des Fahrkostenersatzes mit 30 Cent pro KM für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsplatz.

 

Als nächstes ist der sog. Sachbezug zu nennen. Bis zu 50 € monatlich kannst Du Deinen Mitarbeitern steueroptimiert über Gutscheine zukommen lassen, die bei über 500 namhaften Anbietern von Amazon bis Zalando einlösbar sind.

 

Und dann gibt es nach wie vor noch den sog. Inflationsausgleich, mit dessen Hilfe Du als Arbeitgeber Deinen Angestellten bis Ende 2024 eine Prämie von bis zu 3 000 Euro steuer- und sozialabgabenfrei auszahlen kannst, soweit Du diese Möglichkeit bisher noch nicht genutzt hast.

Das Praxisauto als Zauberwaffe

Als nächstes würde ich gern zu einer relativ unbekannten Möglichkeit kommen, die insbesondere in ländlichen Gegenden eine Art Zauberwaffe zur Mitarbeiterfindung und -bindung ist: Das Praxisauto. Gerade für junge Mitarbeiterinnen und Auszubildende, bei denen der Monat ja doch meist länger als der Gehaltszettel ist und für die ein Auto alles in allem einen relativ großen Kostenblock darstellt, ist das ein sehr spannender Benefit.

 

Interessant dürfte für Dich sein, mit wie geringen Kosten Du so ein Angebot realisieren kannst, wenn Du es richtig anstellst. Da ist zuerst das Auto selbst.

Es gibt sogenannte Postenhändler, die kaufen mal eben 50 oder 100 Autos gleichen Typs in gleicher Ausstattung und bieten diese dann zu sagenhaften Konditionen an. Wir reden da von mtl. Leasingraten unter 100 € für Neuwagen, die Listenpreise um die 30.000 € haben. Und ganz ehrlich: Bei so einem Schnäppchen kann man dann doch auch mal mit einer Farbe leben, die man sich selbst vielleicht nicht unbedingt ausgesucht hätte.

 

Neben dem Auto selbst ist ja noch die Versicherung zu zahlen. Bei Leasingautos muss das bekanntlich eine Vollkaskoversicherung sein. Leider ist die nun gerade bei jungen Mitarbeiterinnen, die in der Regel noch keine langjährige unfallfreie Fahrpraxis vorzuweisen haben, ganz besonders teuer. Hier heißt die Lösung: Kleinflottenversicherung. Im Normalfall geht das ab 3 Fahrzeugen, bei spezialisierten Versicherungsmaklern bereits ab einem Fahrzeug.

 

Und auch hier gleich die gute Nachricht: Die Versicherungsprämie beläuft sich auf gerade mal etwa 90 € im Monat. Falls Deine Mitarbeiter nun aber statt eines Autos lieber ein richtig tolles Elektrofahrrad hätten, dass ja auch locker fünf und mehr tausend Euro kostet, kannst Du dieses bei gleicher Leasinglaufzeit für etwa das gleiche Geld leasen. Alles in allem ein interessanter Benefit, den Deine Mitarbeiterinnen gerne nutzen werden.

Zusätzliche Gesundheitsleistungen

Dann kommen wir zu den vielen toll klingenden, oft sicherlich auch sinnvollen, steueroptimierten Benefits und Zusatzleistungen, die aber erst dann Wirkung zeigen, wenn alle anderen vorgenannten Basics zur vollen Zufriedenheit Deiner Mitarbeiter gelöst sind.

 

Über den Sinn und die Notwendigkeit einer betrieblichen Altersversorgung brauchen wir sicherlich nicht zu diskutieren. Deine Mitarbeiter erleben diese Zusatzleistung aber erst dann als echten Benefit, wenn sie mit Ihrer wirtschaftlichen Alltagssituation zufrieden sind und sich darüber auch entsprechend wertschätzt fühlen.

 

Angebote zusätzlicher Gesundheitsleistungen, die derzeit sehr en Vogue sind und an allen Straßenecken angeboten werden, sind zwar nett gemeint, kommen bei vielen auch super an, verfehlen aber ihre Wirkung, wenn Deine Mitarbeiterin am Monatsende kein Geld mehr im Portemonnaie hat, um mit Ihren Freundinnen essen gehen zu können.

Zusammenfassung: 3 Schritte zur Gehaltsanpassung Deiner Mitarbeiter

  1. Das Grundgehalt auf ein Niveau bringen, auf dem sich das Leben auf eigenen Beinen auch wirklich bestreiten lässt.
  2. Leistungsorientierte Bonifikationen zusätzlich zum Grundgehalt einführen: Damit schaffst Du Motivation bei den leistungsbereiten Topkräften in Deinem Team und automatisierst jährliche Leistungsgerechte Lohnerhöhungen.
  3. Steuerorientierte Benefits und Zusatzleistungen: Hier gilt es mit denen anzufangen, bei denen der direkte Netto-Nutzen für Deine Mitarbeiter möglichst hoch ist. Danach kommt Stück um Stück alles andere.